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Der "Vatikan" ist als Prügelknabe immer gut - selbst wenn Rom zur Abwechslung einmal zu loben wäre. Da erklärt - mit Billigung von Kardinal Ratzinger - die Internationale Theologenkommission in einem "Orientierungspapier": Urknall- und Evolutionstheorie sind mit der katholischen Lehre vereinbar.

Wer geglaubt hatte, solch unspektakulärer, aber in Zeiten wie diesen doch beachtenswerter Zugang zur Wissenschaft gäbe keinen Anlass zur Häme, wurde eines Besseren belehrt: So mokiert sich Sven Gächter im profil-Leitartikel, dass trotz offizieller Akzeptanz von Evolution und Big Bang die Theologen daran festhalten, dies alles könne "nur ursprünglich von Gott initiiert worden sein". Auf den Punkt gebracht: Der bekannt rückständige Vatikan wolle sich nicht vom "guten alten kuscheligen Schöpfungsidyll" verabschieden.

Man merkt die Absicht und ist mehr als verstimmt: Wie denn soll ein religiöser Mensch naturwissenschaftliche Erkenntnis und Glaube in Einklang bringen? Wenn man Gott nicht über alle Wissenschaft hinaus mitdenken darf, dann erübrigt sich jede Auseinandersetzung, und der Religion wird von vornherein abgesprochen, Teil der modernen Welt sein zu können. Dabei - auch profil weist darauf hin - kommen von den USA ausgehend ganz andere Christen-Töne daher: Die Kreationisten, die am biblischen Schöpfungsbericht wörtlich festhalten, feiern fröhliche Urständ. Das ist zur Abwechslung einmal kein "vatikanischer" Wahnsinn, und man möchte sich gar kein Szenario ausmalen, in dem dieser Wahnsinn zum Mainstream wird.

Gott sei Dank ist man als Katholik kein Häretiker, wenn man sich die aktuellen naturwissenschaftlichen Theorien zu eigen macht. Es wäre eigentlich ein Gebot der Stunde, dass Nichtreligiöse sich mit Religiösen wider den erstarkenden Fundamentalismus verbünden, an statt ihr "liberales" Mütchen am üblichen römischen Verdächtigen zu kühlen.

otto.friedrich@furche.at

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