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Am Sonntagabend beginnt für religiöse Juden Sukkót, das "Laubhüttenfest". Es verbindet die Erinnerung an ein biblisches Ereignis mit dem Erntefest. Während der Wüstenwanderung lebten die Israeliten in improvisierten Unterkünften, so wie die späteren Pilger, die für eine Woche nach Jerusalem kamen und im Tempel zum Dank für die Ernte Opfer darbrachten. Sie folgten damit dem Gebot im Buch Levitikus, das zum Laubhüttenfest schreibt: "Sieben Tage hindurch sollt ihr ein Feueropfer für den Herrn darbringen."(23,36)

Anders als in heidnischen Kulten sollten im Judentum Opfer nicht die Bedürfnisse der Gottheiten befriedigen. Vielmehr drückten sie spirituelle Bedürfnisse der Menschen aus, die mit Gott in Beziehung treten wollten. Die Opfer wurden in Stille dargebracht; das Buch Levitikus gibt keine Anweisungen zu begleitenden Gebeten. Doch schon vor der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 entstanden Synagogen, in denen es keinen Opferkult gab, sondern Gebet und Textstudium das Medium waren, in Beziehung zu Gott zu treten. Bis heute gibt es in Synagogen keinen Altar, aber einen Schrein für die Tora-Rollen und ein Lesepult, auf die der Gottesdienst ausgerichtet ist.

Umso mehr irritiert viele Juden die Symbolik des Altars in der Kirche und die Vorstellung von Jesus als Opfer zur Tilgung der Sünden. Denn das Judentum hat sich über den Tempelkult hinaus entwickelt, auf den der Opfergedanke der christlichen Liturgie verweist. Deshalb irritiert auch die seit Paulus bestehende Selbstdarstellung des Christentums als "Glaubensreligion" und Fortschritt gegenüber der "Gesetzesreligion" Judentum. Damit würde das Christentum Neuerungen für sich reklamieren, die auch zur jüdischen Religionsgeschichte gehören. Übrigens: laut Johannesevangelium (Kap. 7) nahm auch Jesus am Laubhüttenfest teil..

Der Autor ist Wissenschafter am Institut für Jüdische Theologie der Universität Potsdam

Franziskus-Stärkung ist auch Kirchen-Stärkung

Vor einem Jahr riefen der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner und der Prager Religionsphilosoph Tomàs Halík die Initiative "Pro Pope Francis" ins Leben, um den weltweiten, von Online und Social Media befördeten Vernetzungen der (ultra)konservativen Papstkritiker eine gleichfalls weltweite, wenn auch in Mitteleuropa wesentlich situierte Initiative für den gegenwärtigen Papst entgegenzusetzen. Mittlerweile weist der Offene Brief, der der Initiative zugrunde liegt, bereits 75.000 Online-Unterzeichner aus. Zulehner startete Anfang des Jahres auch eine Online-Umfrage, um ins Kirchenvolk "tiefer hineinzuhorchen". Die Erkenntnisse aus dieser Umfrage fasst Zulehner in dem von ihm und Halík herausgegebenen Sammelband "Rückenwind für den Papst" zusammen. Die Reihe von Zeitzeugnissen in diesem Band beeindruckt, Zulehner führt Interviews mit Essens Bischof Franz-Josef Overbeck, es gibt Beiträge von der Präsidentin der Katholischen Aktion, Gerda Schaffelhofer, vom spirituellen Bestseller-Autor Anselm Grün OSB sowie von den prominenten deutschen Katholiken und Ex-Politikern Rita Süßmuth und Alois Glück oder der Theologin Eva Maria Faber. Bemerkens-und lesenswert die Anmerkungen des Münsteraner Kirchenrechtlers Klaus Lüdicke sowie des Kirchenhistorikers und Kollegen Hubert Wolf. (ofri)

Rückenwind für den Papst Warum wir Pro Pope Francis sind. Hg. Paul M. Zulehner, Tomás Halík. wbg Theiss 2018.160 S., geb. e 18,50

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