Verkehrsexperte Heiner Monheim - Heiner Monheim kritisiert eine autofixierte Verkehrspolitik und fordert eine „Stadt der kurzen Wege“. In seinem Konzepte- Mix spielen auch städtische Seilbahnen eine wichtige Rolle.<br />
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Verkehrsexperte Heiner Monheim: „Stadtseilbahnen sind perfekte Lückenschließer“

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Bei einer vernünftigen Bedarfsplanung, rechnet der deutsche Verkehrsexperte Heiner Monheim, dass für Städte in der Größe von München oder Wien nicht nur eine, sondern zehn bis 20 Seilbahnen rauskommen.

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Bei einer vernünftigen Bedarfsplanung, rechnet der deutsche Verkehrsexperte Heiner Monheim, dass für Städte in der Größe von München oder Wien nicht nur eine, sondern zehn bis 20 Seilbahnen rauskommen.

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Der deutsche Verkehrswissenschaftler und emeritierte Professor der Universität Trier, Heiner Monheim, hat mit Kollegen das Planungshandbuch „Urbane Seilbahnen“ verfasst. Die Mobilität in Städten könne von Seilbahnen sehr profitieren, sagt er, aber Alleskönner seien auch Seilbahnen nicht.

DIE FURCHE: Herr Professor Monheim, vor rund 100 Jahren startete die Erschließung der Bergregionen Europas mit Seilbahnen – werden wir in den kommenden Jahren einen ähnlichen Seilbahnen-Boom in europäischen Städten erleben?

Heiner Monheim: Ja, ich sehe das so kommen. Lange Zeit boomte der alpine Seilbahnbau für touristische Zwecke. Diese Phase geht zunehmend zu Ende, weil Natur- und Landschaftsschutz sowie die Folgen des Klimawandels der Dynamik immer neuer alpiner Seilbahnen Grenzen setzen. Bei Bergseilbahnen wird sich das künftige Geschäft vor allem auf Ersatz- und Erneuerungsinvestitionen alter Seilbahnen konzentrieren, …

DIE FURCHE: …während neue Seilbahnen das Bild der Städte prägen werden – was macht Sie da so sicher?

Monheim: Weil weltweit die Großstädte am Autoverkehr ersticken. Das treibt die Suche nach Alternativen zu Bussen und Bahnen beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs voran. Immer mehr Stadtplaner erkennen dabei die speziellen Vorteile urbaner Seilbahnen, die ihnen eine schnelle Verbesserung der Verkehrsverhältnisse raus aus dem Stau eröffnen könnten.

DIE FURCHE: Was können Seilbahnen besser als Busse oder Bahnen?

Monheim: Die zwei wichtigsten Vorteile von Seilbahnen in Städten sind: Sie brauchen erstens keinen festen Fahrweg, ihre Routen bestehen aus Seilen und Masten plus den End- und Zwischenstationen. Und zweitens können sie alle Arten von Hindernissen überschweben, wo für Busse und Bahnen nur teure Brücken, Tunnel oder große Umwege notwendig sind. Außerdem sind Seilbahnen dazu prädestiniert, tangentiale Lücken zu schließen.

DIE FURCHE: Was meinen Sie mit diesem Lückenschließer-Potenzial?

Monheim: Was den meisten Städten abgeht, Wien ist da eine positive Ausnahme, sind effiziente Ringlinien. So wie die Netze jetzt aufgebaut sind, muss man immer in die Mitte reinfahren, umsteigen und wieder rausfahren. Das können Seilbahn vermeiden und in kurzer Bauzeit und mit vergleichsweise geringen Kosten tangentiale Lücken schließen, bzw. auch Brückenfunktionen übernehmen. Wobei ich zugleich immer betone: Seilbahnen sind keine Alleskönner – sie bieten eine Vielfalt von Vorteilen, haben aber auch spezifische Nachteile, die Pros und Kontras müssen jeweils für den konkreten Fall abgewogen werden.

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