7118563-1996_25_06.jpg
Digital In Arbeit

Wenig Geld für große Namen

19451960198020002020

Eine Institution der Forschung in Osterreich ist in Gefahr: Das Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

19451960198020002020

Eine Institution der Forschung in Osterreich ist in Gefahr: Das Institut für die Wissenschaften vom Menschen.

Werbung
Werbung
Werbung

Im Zuge des Sparpakets plant das Wissenschaftsministerium, seine bisherigen jährlichen Subventionen für das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) von rund 7,5 Millionen Schilling um knapp 30 Prozent zu kürzen.

Die beabsichtigte Kürzung trifft das IWM umso härter, als zwischen der Gemeinde Wien und dem Ministerium die Vereinbarung besteht, das Institut in der selben Höhe zu unterstützen. Aus dem Büro des Wiener Finanzsstadtrates heißt es dazu, daß es prinzipiell nicht vorgesehen sei, vom häufig gebrauchten 1:1-Prinzip abzuweichen. Das heißt: Wenn das Wissenschaftsministerium seine Zahlungen reduziert, dann muß auch die Gemeinde kürzen - auch wenn der Gemeinde Wien das IWM „wirklich am Herzen” liegt, wie der für Wissenschaftsförderung zuständige Beamte im Magistrat, Hubert Christian Ehalt, beteuert.

„Ohne dieses Geld müssen wir das Institut auflösen”, sagt der Leiter des IWM, Krzystof Michalski. Denn trotz eines Jahresbudgets von rund 50 Millionen Schilling bedeute der Wegfall von rund fünf Millionen Schilling das Aus: Damit nämlich werden die Organisation sowie das wissenschaftliche Basispersonal finanziert.

Der Rest des Budgets stammt aus privaten Stiftungen, wie der amerikanischen Ford-Foundation oder der deutschen Volkswagen-Stiftung -aber auch aus der EÜ -, und ist ausschließlich für die einzelnen Projekte des IWM bestimmt, in denen sich die zahlreichen Gastmitglieder des Instituts betätigen. „Diese zweckgebundenen Gelder können nicht für die Finanzierung der Organisation und der wissenschaftlichen Basis verwendet werden”, sagt Michalski: „Das wäre nichts anderes als Veruntreuung.”

Der Sprecher von Wissenschaftsminister Schölten, Wolfgang Fingernagel, sieht das anders: „Daß das Geld nun ein Mascherl hat, wird keinen allzugroßen Unterschied machen”, sagt er: „Sekretärinnen und wissenschaftliche Mitarbeiter arbeiten ja meistens für ein bestimmtes Projekt.”

Das IWM bindet längerfristig Top-Wissenschaftler an Wien, die ansonsten anderswo lehren und forschen würden. „Wir sind auf dem Weg, eines der weitbesten Institute dieser Art zu werden”, rühmt Krzysztof Michalski das von ihm mitbegründete

IWM, das sich als eine

Gelehrtengemeinschaft versteht, deren Arbeit sich auf die Geistes- und Sozialwissenschaften konzentriert.

Die Namen der mit dem Institut verbundenen Wissenschaftler können sich in der Tat sehen lassen: Im wissenschaftlichen Beirat des Instituts finden sich Größen wie die beiden Philosophen Carl-Frie dnch von Weizsäcker und Hans-Georg Gada-mer sowie der polnische Denker Les-zek Kolakowski.

Das gesellschaftspolitische Projekt „TERC”, das sich mit der Reform des Hochschul- und Forschungswesens in Ostmitteleuropa beschäftigt, wird von dem deutsch-britischen Ökonomen Lord Ralf Dahrendorf geleitet, Professor an der Universität von Oxford. Vorsitzender des anderen großen Projekts des Instituts namens „SOCO”, das sich mit den sozialen Kosten der Einführung marktwirtschaftlicher Verhältnisse in Ostmitteleuropa beschäftigt, ist der Wirtschaftswissenschaftler Richard Freeman, der an der London School of Economics und an der Universität Harvard unterrichtet.

„Aufgrund der Diskussion lokaler Probleme zu universellen Lösungen kommen”, umreißt Krzysztof Michalski die Strategie seines Instituts. In diesem Licht seien auch jene beiden gesellschaftspolitischen Projekte zu sehen, erklärt Michalski, denn auch in Westeuropa seien die Universitäten und der Sozialsaat in der Krise.

Das IWM wurde im Jahr 1982 gegründet, um Wissenschaftlern und Intellektuellen aus West und Ost einen Ort der Begegnung, des Austausche und der gemeinsamen Arbeit zu bieten. Doch auch nach dem Fall des Eisernen Vorhangs habe das IWM seine Bedeutung nicht verloren, betont Michalski. Denn das bewußt im neutralen Österreich installierte Institut sei niemals eine politische, sonderns stets eine rein wissenschaftliche Institution gewesen.

In der Anfangszeit waren zahlreiche katholische polnische Oppositionelle am IWM vertreten. Auch findet alle zwei Jahre ein Kolloquium des Instituts in Castelgandol-fo, der Sommerresidenz des Papstes, statt. Trotzdem legt Michalski Wert auf die Feststellung: „Wir sind keine Vorfeldorganisation der katholischen Kirche.”

Das Institut sei intellektuell, politisch und weltanschaulich unabhängig. Besagtes Kolloquium etwa, für dessen Inhalt allein das Institut ver-antworlich ist, wird nicht vom Heiligen Stuhl, sondern hauptsächlich von der Robert-Bosch-Stiftung finanziert.

Michalski pflegte zu Karol Wojtila, seit 1978 als Papst Johannes Paul II Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, schon berufliche Kontakte, als jener noch Erzbischof von Krakau war: Denn beide studierten Philosophie; Michalskis Doktorarbeit beschäftigte sich mit Martin Heidegger, Wojtila dissertierte mit einer Arbeit über den Philosophen Max Scheler, die beide Schüler des Phänomenolo-gen Edmund Husserl waren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung