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Ist Pfusch ein Schaden?

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Gut sieben Prozent des Bruttosozialprodukts (die Summe aller Wirtschaftsleistungen), das sind 150 Milliarden Schilling, mache die Schwarzarbeit bereits aus, schätzt Friedrich Schneider von der Linzer Kepler- Universität. In den siebziger Jahren sei ihr Umfang um 28, in den achtziger Jahren sogar um 44 Prozent gestiegen

Wie sehr derlei Schätzungen naturgemäß mit Vorsicht zu genießen sind, zeigen drei „historische“ Schätzungen: OECD, der internationale Währungsfonds und der langjährige Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Hans Seidel, errechneten schon Anfang der achtziger Jahre einen größeren Umfang der Schattenwirtschaft, nämlich 8,6 beziehungsweise zehn Prozent des Bruttosozialprodukts (siehe Hofbauer/Schüssel: Schattenwirtschaft in Österreich, Wien 1984). Mit Sicherheit falsch ist der Schluß, den einige Kommentatoren blitzschnell aus der Arbeit von Schneider gezogen haben: daß die österreichische Volkswirtschaft durch Schwarzarbeit um 150 Milliarden Schilling geschädigt wird. Es gibt viele Argumente ge gen Schwarzarbeit - moralische und wirtschaftliche.

Schwarzarbeit führt zu Steuerausfällen, für welche die ehrlichen Steuerzahler über erhöhte Abgaben aufkommen müssen; für im Pfusch hergestellte Dinge gibt es keine Gewährleistung, Schwarzarbeit kann für den Konsumenten ein Sicherheitsrisiko sein et cetera.

Ohne moralische Wertung, rein volkswirtschaftlich betrachtet, sind die 150 Milliarden Schilling Umsatz im Pfusch aber natürlich kein Schaden, steht diesem Aufwand in der Regel doch eine adäquate Leistung des Pfuschers gegenüber (und zuwenig oder schlechte Leistung fürs Geld soil’s ja auch beim Gewerbe gelegentlich geben). Und im allgemeinen entziehen der Auftraggeber die eingesparte Steuer und der Auftragnehmer das „Honorar“ für den Pfusch nicht dem Wirtschaftskreislauf, sondern geben das Geld wieder aus.

Ob mit dem Pfusch oder mit dem Umweg über den Finanzminister insgesamt eine höhere Wertschöpfung erzielt wird, läßt sich also nicht ohne eine genaue Verfolgung der Geldströme (in fachchinesisch: ohne eine kreislauftheoretische Analyse) sagen.

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