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Keine Beschwichtigungshof rate...

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Die Forderung, daß die ÖVP eine „Partei für alle“ sein müsse, ist Innerhalb der ÖVP unbestritten, auch die Tatsache, daß das Wählerreservoir der Volkspartei in den ländlichen Gemeinden praktisch ausgeschöpft ist, wurde in Wahlkommentaren immer wieder hervorgehoben. Bisher handelte es sich hier allerdings im wesentlichen um Analysen, die über den Daumen gepeilt wurden und nicht ins Detail gingen. In der Steiermark entschloß sich der ÖAAB, einmal eine genauere Analyse der Situation erarbeiten zu lassen. Das Ergebnis lag beim letzten Landestag des steirischen ÖAAB vor: eine rund 20 Seiten umfassende Untersuchung von Bernd Schilcher und Winfried Zankel, die unter dem trockenen wissenschaftlichen Titel „Bevölkerungsstruktur und Wählerverhalten“ zum Teil recht brisantes Material vereint.

Am Beispiel übersichtlicher Tabellen und genauen Zahlenmaterials wird zunächst einmal der besonders In den letzten Jahrzehnten rapid vorangetriebene Prozeß der Verstädterung durchleuchtet:

In der Zeit von 1919 bis 1966 ist die Anzahl der wahlberechtigten Bevölkerung in der Steiermark von 524.506 auf 752.163 Personen angewachsen. In den vier steirischen Wahlkreisen ergibt das folgendes Bild: Im Wahlkreis Graz und Umgebung wuchs der Anteil an der Gesamtanzahl der Wahlberechtigten von 27,5 Prozent im Jahre 1919 auf 29,2 Prozent im Jahre 1966; noch augenscheinlicher ist dieses Anwachsen im Industriegebiet der Obersteiermark: Hier betrug der Anteil an der Gesamtanzahl der Wahlberechtigten 1966 schon 34 Prozent gegenüber 30,4 Prozent im Jahre 1919.

Demgegenüber sank im Wahlkreis Mittel- und Untersteier der prozentuelle Anteil der steirischen Wahlberechtigten von 20 Prozent (1919) auf 18,7 Prozent (1966), und in der ländlichen Oststeiermark wandelte sich dieses Verhältnis sogar von 22,1 Prozent auf 18,1 Prozent. Dem Anstieg der Wahlberechtigten in der Obersteiermark entspricht also etwa der Rückgang im oststeirischen Wahlkreis, und der Steigerung im Wahlkreis Graz und Umgebung entspricht ungefähr das Absinken des prozentuellen Stimmenanteils im Wahlkreis Mittel- und Untersteier. In absoluten Zahlen bedeutet dies, daß im Wahlkreis Graz und Umgebung im Zeitraum von nicht ganz fünfzig Jahren die Anzahl der Wahlberechtigten um 75.671 angewachsen ist (von 14.032 auf 219.710) in der Obersteier wuchs die Anzahl der Wahlberechtigten um 95.631 (von 159.536 auf 255.167) im gleichen Zeitraum vermehrte sich die Anzahl der Wahlberechtigten in Mittel- und Untersteier nur um 35.858 (von 105.204 auf 141.062) und im Wahlkreis Oststeier nur um 20.490 (von 115.734 auf 136.224). Das heißt: einer nahezu 60prozentigen Erhöhung der Wählerschaft in der Obersteiermark steht eine nur 17,7prozentige in der Oststeiermark gegenüber. „Sollte sich diese Tendenz fortsetzen“, heißt es in der Studie, „so wird die Obersteiermark in Kürze ebenso viele Wahlberechtigte haben wie die beiden Wahlkreise Mittel- und Untersteier und Oststeier zusammengenommen“.

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