Das Wort ist nicht neu, ebensowenig die Sache, die es bezeichnet. Um 1900 forderte Sangnier die Kirche auf, ihre „traditionelle Verbundenheit mit Besitz und Besitzenden aufzugeben und wieder eine Kirche der Armen zu werden“. Sie müsse ihre moralische Kraft der Arbeiterbewegung leihen, die eine gerechtere Verteilung der Güter anstrebt. Pius X. verurteilte im Sil-lonistenbrief 1910 (genannt nach dem Blatt „Sillon“ = Furche) diese Richtung, weil sie „die christliche Ethik in den Dienst politischer Bewegungen stellt und damit Uneinigkeit unter den Gläubigen sät“.1944 entstand in
SIE ZWINGEN DIE BLICKE DER PASSANTEN IN IHREN BANN: jene Läden, hinter deren Glasfenstern ein buntes, vielgestaltiges, geradezu geheimnisvolles Leben herrscht oder hinter denen in zuchtvoller Beschränkung graziös oder wuchtig einige wenige Stücke Atmosphäre entfalten. Geschäfte, deren Portale modern gestaltet sind, aber noch öfter raffiniert intakt gehaltenes Alter verraten: mit einem Wort — „Antiquitätengeschäfte", So verhalten selbst eilige Passanten ihre Schritte, um einen Blick aus jenen Fenstern zu erhaschen. Diese „Saison“ vor den Auslagen der Antiquitätengeschäfte —
Am späten Abend des 25. Juli 1943 machte sich in Bozen eine große Aufregung und Spannung bemerkbar. Kreischende Bremsen dutzender Autos durchbrachen die Sonntagsruhe, ln den militärischen und zivilen Aemtern herrschte ein hektisches Gewimmel. Am Montag erfuhren die Einwohner den Grund: Der „Große faschistische Rat” hatte Mussolini zur Abdankung gezwungen. Auf Befehl des Königs Viktor Emanuel und des Generals Badoglio war der Duce beim Verlassen des Königspalastes in Haft genommen und mit einem Sanitätswagen abtransportiert worden.Die führenden Köpfe Südtirols wußten, daß nun
Wäre der Faschismus noch an der Macht, so gäbe es heute keine „Südtirolfrage” mehr, dann wäre das Gebiet zwischen Brenner und Salurn längst rein italienisch.Die „radikale ethnische Lösung” war eine der Hauptbedingungen für den Abschluß des Militärbündnisses mit Deutschland vom 22. Mai 1959. Am 23. Juni 1939 wurde diese „Lösung” in dem geheimgehaltenen deutsch-italienischen Protokoll der „Berliner Vereinbarung” besiegelt. Hitler, der stets sein Ziel, den Zusammenschluß aller Deutschen, betonte und sich als Volkstumsfanatiker gab, hatte die Südtiroler Volksgruppe
Man schrieb das Jahr 1923. Am 24. Oktober dieses Jahres erging das Dekret, nach dem die Lehrer in den Anfangsklassen aller Volksschulen nur noch italienisch unterrichten durften. Die Absicht der Südtiroler, Privatschulen aufzumachen, wurde durch das Verbot durchkreuzt, daß Privatunterricht nur im Höchstausmaß für zwei bis drei Kinder zugleich eingerichtet werden dürfe.Die ersten, die sich zur Wehr setzten, jvaren die Mütter. Gegen 1000 Frauen zogen vor das Bozner Landhaus, eine Delegation sprach beim Unterpräfekten vor. Seine Antwort: „Die Deutschen brauchen keine Schulen, und wir
Mussolini selbst hat ausgesprochen, nach welchen Richtlinien die faschistische Politik arbeitete: In seiner großen Rede über Südtirol in der römischen Abgeordnetenkammer im Februar 1926 sagte der italienische Regierungschef:„Im oberen Trentino machen wir die Politik der ltalianität. Wir betrachten die dortigen Einwohner als Italiener und wenden auf sie unser Gesetz an. Täten wir das nicht, so hätten wir an der Grenze einen Staat im Staate!... Auf alle Fälle muß ich mit unbedingter Bestimmtheit erklären, daß die italienische Politik im Etschland nicht um Haaresbreite von ihrem Weg
„Italien, die große und geeinigte Nation, in welcher volle, Freiheit des Gedankens und des Wortes herrscht, will den Mitbürgern der anderen Sprache die Erhaltung der eigenen Schule, der eigenen Einrichtungen und Vereine zugestehen. Itp Geiste dieser Grundsätze vertraue jeder darauf, daß alles, was die Sprache und die Kultur des Hochetsch betrifft, sorgfältig und liebevoll geregelt werden wird.Gegeben zu Trento ant 18. November 1918.Pecori - Giraidi.”Diese Proklamation hatte der italienische Armeekommandant Pecori-Giraldi nach dem Einzug der italienischen Truppen in Südtirol
In der heiklen diplomatischen Phase, in der sich der Fall Siidtirol derzeit befindet, ist es wichtig, daß Oesterreichs Volk die Akten und Fakten des Problems nicht vergißt. Diesen Sinn hat die neue Publikationsreihe der „Furche”, die in bewußter Auswahl an die zum Teil bereits vergessenen ersten Akte des Dramas erinnert: das schwere Unrecht, die Gewalttaten des Faschismus, die am Anfang stehen und jene Situation grundgelegt haben, die heute noch nicht bereinigt ist. Die heutige Lage in Siidtirol stellt, mitten im freien Europa, ein gefährliches anachronistisches Relikt dar. An seiner