Die kommende Direktorin des Kunsthistorischen Museums, Sabine Haag, über weniger Blockbuster und mehr Selbstvertrauen und was man aus den Kunst- und Wunderkammern für das Museum des 21. Jahrhunderts lernen kann.Die Kunsthistorikern Sabine Haag, 46, tritt mit 1. Jänner 2009 als neue Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien die Nachfolge Wilfried Seipels an. Anfang letzten Jahres wurde die Vorarlbergerin, die seit 18 Jahren im KHM arbeitet, zur Direktorin der Kunstkammer sowie der Weltlichen und Alten Geistlichen Schatzkammer des Hauses bestellt.Die Furche: Sie sind zur
Ilija Trojanow präsentiert ausgewählte Geschichten, Notizen und Reportagen des verstorbenen polnischen "Reporters des Jahrhunderts".In Zeiten gewaltiger Umbrüche simuliert der Nackte-Fakten-Journalismus eine Übersicht, die der Unordnung der vorbeirauschenden Ereignisse nicht gerecht wird. Das, so schreibt Ilija Trojanow im Vorwort des von ihm herausgegebenen Bands "Die Welt des Ryszard Kapuscinski", sei Kapuscinski irgendwann im Laufe seines Reporterlebens bewusst geworden. Es ist auch der Grund dafür, so Trojanow, warum Kapuscinski dazu übergegangen sei, Menschen so zu beschreiben, als
Ilija Trojanow reiste auf den Spuren von Richard Francis Burton durch vier Kontinente.Er war "wie ein Orchester ohne Dirigent", schreibt Ilija Trojanow über Richard Francis Burton: "ein Reisender, ein Abenteurer, ein Soldat, ein Diplomat, ein Anthropologe, ein Geograph, ein Geheimagent, ein Geschichtenerzähler, ein Übersetzer, ein Hobbydichter, ein Laienwissenschaftler, ein Archäologe, ein Goldsucher, ein Meisterfechter, ein Agnostiker, ein Satiriker, ein Häretiker, ein Provokateur, ein Aufklärer." Sich einem so widersprüchlichen, oszillierenden Charakter anzunähern, sich ihm
In ihren erstmals übersetzten "Heften aus Kriegszeiten" ist die französische Schriftstellerin Marguerite Duras neu zu entdecken.Die vier kleinen, handbeschriebenen Schulhefte, die 1995 - ein Jahr vor Marguerite Duras' Tod - gemeinsam mit dem gesamten Nachlass der französischen Schriftstellerin ins Institut Mémoires de l'édition contemporaine gelangten, waren in einem Umschlag aufbewahrt, den Duras selbst mit "Hefte aus Kriegszeiten" beschriftet hatte. Duras hatte sie über Jahrzehnte aufbewahrt. Aus ihrem übrigen Nachlass fielen sie heraus - durch ihre Konsistenz, ihre thematische
Hanna Kralls neue literarische Reportage "Herzkönig" erzählt von der Kriegs-Odyssee einer Warschauer Jüdin.Nachdem Izolda R. ihre schwarzen Haare hatte aschblond färben lassen ("nicht wie andere Judenmädel - gelb wie Stroh") und gelernt hatte, ihre Handtasche nicht wie eine Jüdin abzustellen ("Sie stellt sie aufs Sofa. Auf den Hocker. Auf den Stuhl … Steht sie jetzt jüdisch da?"), und als im Warschauer Ghetto die Transporte nach Treblinka begannen, begriff sie, wozu sie da war: Um ihren Mann Szajek zu retten. Szajek mit den schönen Händen, der am Tag ihres Kennenlernens im ersten
In Sybille Bedfords federleicht-elegantem Reisebuch wird das Mexiko der späten 1940er Jahre zu einem exotischen Land voller Fellini-Charaktere.Nichts wünscht man sich sehnsüchtiger, als dass einem selbst einmal jene Art von grenzenloser, feinsinniger Gastfreundschaft entgegenschlagen möge, der Sybille Bedford und ihre Freundin E. Ende der 1940er Jahre in Mexiko auf der Hacienda von Don Otavio - einem Verwandten von Freunden eines Freundes - begegneten: "Wir sind heilige Kühe - Gäste im Haus eines mexikanischen Gentleman."Da erscheinen frühmorgens Boten mit einer Kamelieblüte - "diesen
Patrick Devilles "Pura Vida" ist ein packend schönes Buch über die mittelamerikanische Revolutionsmythologie und deren Heldenfiguren.Ein Satz Lord Byrons ist Patrick Devilles Roman "Pura Vida" vorangestellt: "Es ist diese, sehnsuchtsvolle Leere', die uns antreibt zum Spielen - zu Schlachten - zu Reisen - zu zügellosen, aber heftig empfundenen Unternehmungen jeder Art, deren hauptsächlicher Reiz in der Erregung liegt, die mit der Durchführung untrennbar verbunden ist." Es geht ums amoralische Substrat der menschlichen Existenz, ums "reine Leben", die "pura vida" - eine costaricanische
Ilse Helbichs Band "Iststand" berichtet in sieben bestürzend klugen Erzählungen vom Alter.Wer ein Jahr jünger ist, hat keine Ahnung." Das ist ein Satz, den Martin Walser vor langem einmal geschrieben hat und den er in den letzten Jahren - auf sein Alter angesprochen - in Interviews regelmäßig zitiert. Ilse Helbich kann für sich in Anspruch nehmen, eine Ahnung zu haben. Der neue Erzählband der 83-jährigen Wiener Publizistin, die erst spät, 2003 nämlich, mit dem hypnotischen autobiografischen Roman Schwalbenschrift als Schriftstellerin debütierte, trägt den Untertitel Sieben
Frühe Kurztexte von Agota Kristof.In Agota Kristofs Texten tragen Orte und Landschaften keine Namen. Jemand fährt "bis zur Hauptstadt" oder "zu dieser großen Industriestadt", lebt in einem "Dorf an der Grenze" oder "in der kleinen Stadt". Die Menschen, die sich in diesen namenlosen Umgebungen bewegen, sind eher Chiffren als Individuen: "das Kind", "der Sohn", "die junge Frau", "die Eltern", "der Vater".Die grausame Gleichgültigkeit der Welt lässt keinen Platz für die geglückte Entfaltung und Menschwerdung des Einzelnen. Stattdessen formt er sich aus geschlagenen Wunden. Manchmal gibt es
Herbeigefürchtetes Unglück und Familiengeheimnisse in Joyce Carol Oates' Roman "Niagara".Die 29-jährige Pfarrerstochter Ariah ist noch keine 24 Stunden Mrs Gilbert Erskine, da ist sie auch schon wieder Witwe. Ihr Mann, ein Reverend, stürzt sich am Tag nach der Hochzeit in Niagara Falls, der "Welthauptstadt aller Frischvermählten", in die tosenden Wasserfälle. Was von ihm übrig ist, gibt das Wasser erst eine Woche später wieder frei - eine Zeitspanne, in der Ariah als "die rothaarige Witwe von den Niagara Fällen" in die Annalen der Medien eingeht und mit ihrer stummen, sturen
Alaa al-Aswanis Roman "Der Jakubijan-Bau" ist endlich auch auf Deutsch zu lesen.Die arabische Welt leide an der Krankheit Diktatur, sagte Alaa al-Aswani vor Kurzem in einem Interview. Deren Symptome seien Ungerechtigkeit, Korruption, Armut und Fanatismus. Genau um diese Erscheinungen dreht sich auch al-Aswanis Roman Der Jakubijan-Bau. Dem 50-jährigen Ägypter, im Brotberuf Zahnarzt, gelang damit 2002 der literarische Durchbruch: Das hochpolitische Werk brachte es seither auf die für den arabischen Buchmarkt gigantische Verkaufszahl von 150.000, schaffte es auch in italienischer und
Ausgewählte Texte von Alfred Komarek.Sein Verhältnis zu Autos bezeichnet Alfred Komarek als "im erfreulichsten Sinne des Wortes kompliziert". Das war immer so, ist es heute noch und hat auch jene legendären Romanfiguren geprägt, für deren Erfindung der 1945 geborene österreichische Schriftsteller, Publizist, Reisereporter, Essayist und Buchautor inzwischen am berühmtesten ist: Den friedfertigen Gendarmen und Krimi-Helden Simon Polt, der in seinem Einsatzgebiet Weinviertel am liebsten auf einem alten Waffenrad seine Runden dreht, und den arbeitslos gewordenen Magazinjournalisten Daniel
In Wilfried Ohms Roman "Chimären" wird Fälschung zum Leitmotiv eines Lebens.Im Leben von Robert Schwartz ist nichts wie es scheint. Offiziell ist er frei schaffender Maler, tatsächlich arbeitet er höchst erfolgreich als Kunstfälscher im Auftrag eines italienischen Händlers, was nicht einmal seine Frau Alexandra weiß, die lange Zeit über auch keine Ahnung hat, dass Schwartz ein Verhältnis mit der verheirateten Koreanerin In-Hee pflegt.Umgekehrt weiß aber auch Schwartz, der mit seiner Familie auf Zeit in Seoul lebt, nichts von den Geheimnissen seiner Umgebung: von der ersten
Dreißig Texte von Juli Zeh über Politik, Gesellschaft, Recht, Schreiben und Reisen.Alles auf dem Rasen" heißt das Buch, mit diesem Titel endet aber jede Art von Fussballaffinität auch schon wieder, denn in den 30 Texten ihres neuen Buches befasst sich Juli Zeh mit Politik, Gesellschaft, Recht, Schreiben und Reisen. Entstanden sind sie seit 1999. Zum Teil sind es Wettbewerbsbeiträge, zum Teil Artikel für Die Zeit, Süddeutsche Zeitung, F.A.Z., Welt oder den Spiegel, zum Teil Erstdrucke. 1999 war Juli Zeh 25 Jahre alt, ihr Romandebüt "Adler und Engel", das sie gleichsam über Nacht
Frank McCourts Erinnerungen an sein Lehrerdasein.Davon haben wir nichts gewusst", war die stereotype Antwort, wenn man die Menschen der Kriegsgeneration nach dem Holocaust fragte - eine Antwort, die niemanden so recht überzeugte. "Davon haben wir nichts gewusst" hat auch der in London lehrende Historiker Peter Longerich sein jüngstes Buch überschrieben. Es rollt die alte Frage, was die Deutschen nun wirklich vom Völkermord an den Juden wussten, neu auf.Aber wo die Antwort suchen, wenn der Erinnerung der Überlebenden nicht zu trauen ist? Man muss in den Dokumenten jener Zeit nachforschen.
Bernhard Aichner erzählt, wie Kunst berührt.Es ist eine Obsession, die in Bernhard Aichners "Alles Blau" die Erzählung in Bewegung setzt. Sie erfasst einen jungen Mann namens Jo in einer Bonner Ausstellung vor einem Yves Klein-Bild aus den 50er Jahren: "Er stand vor einem blauen Monochrom. Er bewegte sich nicht mehr, stand einfach nur da, das Bild hatte ihn umfangen, er spürte es rund um sich herum, es war überall, es leuchtete vor ihm und hörte nicht auf. Es hing da und strahlte, in ihn hinein. Da war eine große Kraft, die von dem Bild ausging, es war magisch irgendwie, es riss ein
Aharon Appelfelds Roman "Bis der Tag anbricht" erzählt jüdisches Martyrium.Es ist eine fatale Falle, in die Blanka als 18-jährige tappt. Die hochbegabte Schülerin und einzige Tochter heiß geliebter jüdischer Eltern verliebt sich in ihren ehemaligen Mitschüler Adolf. Mit der Heirat, für die sie sich taufen lässt, beginnt ihr Martyrium. Es ist das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts irgendwo in Österreich-Ungarn, in dem der 1932 in Czernowitz geborene, 1946 nach Palästina ausgewanderte Aharon Appelfeld seinen Roman "Bis der Tag anbricht" ansiedelt.Im Privaten repräsentieren Blanka
Amos Oz' Märchen "Plötzlich tief im Wald" wendet sich gegen die Erniedrigung des Anderen.Der Ton ist märchenhaft. Die Geschichte aber, die Amos Oz erzählt, behandelt jene Fragen, die den großen hebräischen Schriftsteller und Friedensaktivisten seit jeher beschäftigen: Historische Konflikte, Ausgrenzung, gelingendes und scheiterndes Gemeinschaftsleben. Oz' kurzes Märchen, das den Titel "Plötzlich tief im Wald" trägt, richtet sich gleichermaßen an Kinder und Erwachsene. Es spielt in einem aus der Zeit gefallenen "Es-war-einmal-Dorf", aus dem vor Jahrzehnten in einer Winternacht alle
Frederic Mortons Erinnerungsbuch 'Durch die Welt nach Hause": Ein Leben in zehn Tagen.Es ist ein Freitagabend 1945 in der New Yorker Wohnung der aus Wien stammenden jüdischen Familie Morton. Während die Mortons den 30. Psalm singen, ist mit einem Mal aus dem Nebenzimmer Husten und ersticktes Stöhnen zu hören. Plötzlich wird die Tür aufgerissen. Warren, der amerikanische Freund des Morton-Sohns Fred, der zu Gast ist, stürzt heraus und rennt, sich den Bauch haltend, zur Tür hinaus. 'Mit wehendem Gebetsschal" stürzt Fred in höchster Besorgnis hinterher. 'Mein Gott, fehlt dir etwas?"
Martin Pollack stellt in "Von Minsk nach Manhattan" elf eindrucksvolle polnische Reportagen vor.Die Reportage schockierte ganz Polen. Im Jahr 2002 deckten zwei junge Reporter auf, dass Rettungsdienste in Lodz über Jahre Hinweise auf eingetretene Todesfälle an Bestattungsunternehmer verkauft hatten, wobei Notärzte und Sanitäter dem schwunghaften Handel mit Verstorbenen schließlich nachhalfen, indem sie aus Notfallpatienten mit falschen Medikamenten und unterlassener Hilfeleistung neuen Leichen-Nachschub machten.Die makabre Geschichte über "Die Hautjäger von Lodz" von Tomasz Patora und