In der Stadt Salzburg im Jahr 1995 ein neues Theater zu eröffnen ist etwas Unerhörtes! Während die meisten Kulturverantwortlichen der Stadt über die Kürzungen in diversen Budgettöpfen murren, hat das Kleine Theater im Jahr seines zehnjährigen Bestehens eine zweite Spielstätte etabliert, das „Schauspiel Nonntal”. In der Nonntaler 1 lauptstraße 39b wurde das Gebäude einer aufgelassenen Schmiede mit viel Gefühl zu einer Studiobühne adaptiert. Im „Schauspiel Nonntal” soll ausschließlich Gegenwartsdramatik gezeigt werden. Heuer ist die Bearbeitung des Phänomens Faschismus
Die Dramatisierung des Romans von Ödön von Horvätn „Jugend ohne Gott“ wurde in Salzburgs Kleinem Theater uraufgeführt. Traugott Krischkes Dramatisierung funktioniert zwar in den einzelnen Sequenzen, ergibt aber kein Drama im klassischen Sinn. Höhepunkt und Katharsis sind vorhanden, aber sie wirken nicht als solche.Regisseur Werner Gerber muß auch mit einem sehr heterogenen Ensemble fertig werden. Die beiden Schauspieler Grzegorz Matysik als Lehrer und Michael Arnold als Schuldirektor, Pfarrer und Gerichtspräsident halten das Stück zusammen. Rarbara Troschka spielt fulminant die
Mit dem Auftragsstück des Salzburger Landestheaters „Ein Parzival“ von Walter Müller gelingt ein aktuelles Drama für junge Menschen. Durch die Verwendung von Diapro- jektionen und Tonbandeinspielungen (Inszenierung Michael Worsch) konzentriert sich der Handlungsablauf auf die wesentlichen Stationen von Parzivals Leben, wobei die epische Breite erhalten bleibt. Die Tugenden und die Lieben werden ausschließlich von Frauen verkörpert. Britta Bayer gibt dabei in sieben Rollen die Fragen an das Leben vor, Georg Staudacher tappt als naiver Parzival mitten durch.Die Remise gehört zu den
Mit „No Longer Ready Made“ setzten Meg Stuart & Damaged Goods erfrischend neue Akzente im modernen Bewegungstheater. „No Longer Ready Made** ist die konsequente Fortsetzung des Konzept Stuarts’, Seelenzustände in Bewegung umzusetzen. Es geht um das Leben in der Großstadt und die Beziehungen von Großstadtmenschen. An den Körpern der Tänzer kleben die kleinen Andenken aus dem Leben. Treffen sich zwei Menschen, so sind die Andenken durch Bekleidung verdeckt und man hört sie nur mehr rascheln. Trotz aller Befreiungsversuche bleibt von der Nacktheit des Lebens entweder
„Rough" ist die Aneinanderreihung von Sequenzen aus der modernen Unterhaltungskunst, wenn man das, was täglich in Summe von den Bühnen und aus den elektronischen Medien konsumierbar ist, noch als Unterhaltungskunst zu bezeichnen ist. Michael Laub & Remote Control Productions brachten vergangene Woche diese Infragestellung über die Ruhne der Salzburger Szene. Mit überspannten Versatzstücken aus diversen Sitcoms und dem Reality-TV wird durch sprachliche Verfremdung der Wahnwitz dieser Erfindungen zur Unterhaltung der Massen gezeigt. Bezeichnenswert sind die Tanzeinlagen der
Wie besser hätte man die Sommerszene 1994 in Salzburg unter dem Generalthema „Zeit in der Hölle" eröffnen können als mit Jan Fabres „Da un' altra facia del tempo"(„Die andere Seite der Zeit"). Aus den gleichmäßigen Wellen des klassischen Ralletts entsteht ein Drama. Der Tanz des Corps zu Partiten ist aus Frankfurt bekannt. Ein Teller zerbricht und es beginnt der Reigen der Höllenfahrt. Man wähnt sich gleichzeitig auf Prosperos Insel und in der Ecole du Libertinage. Fabre läßt den Retrachter in dieses andere Gesicht der Zeit nicht hineinfallen, er führt seine
Daß Mütter und Hausfrauen eine Kontrarevolution kraft ihrer häuslichen und mütterlichen Autorität in Gang bringen können, müßte mann schon längst eingesehen haben. Wer es noch immer nicht begriffen hat, kann sich in der Salzburger Elisabethbühne Coline Serraus „Hase Hase” anschauen. Die Geschichte um einen kleinen Außerirdischen mit utopischem Ausgang hat Robert Pienz inszeniert. Den Jungen Hase spielt Nina Alpers, die die für Buben eigene Androgynität hervorragend verwirklicht. Mutter Hase (hervorragend Ulrike Eder) zeigt, wie man mit einem Arbeitsloseneinkommen doch elf
Der Minister ist tot. Seine Zwillingsschwester soll den Nachlaß ordnen und stößt dabei auf die Mätresse des Bra-ders. In der Studiobühne der Salzburger Elisabethbühne hatte das sehenswerte Stück „Ein guter Kopf von Judith Herzberg Premiere. Daniela Zähl als Evelin lernt Mitzi, gespielt von Daniela Enzi, kennen und lieben. Die 13 Männer des Stückes sind austauschbar, deswegen kann sie auch alle Marcus Marotte darstellen. Es geht um die eigene Rolle im Leben, in die man hineingeboren wird, und ob man sie wechseln kann. Anselm Lip-gens Inszenierang des Stückes, das sich im Expose
Die klassische Tragödie der Mutter, die sich nach dem Tod ihres Mannes in dessen Eben-bild, den Stiefsohn, verliebt, wurde an der Salzburger Eli-sabethbühne uraufgefiihrt. Renate Ourth inszenierte Racines „Phaidra“ in der Bearbeitung von Gerhard Kelling, dem es gelingt, den fiir heutige Ver-hältnisse unverständlichen Konflikt in einer modemen Sprache wiederzubeleben. Das Faszinierende an diesem Stiick ist nicht das vordergründige Inzest-Drama, sondem viel-mehr die Entwicklung der Ge-fiihle Phaidras und der ihres Gatten Teseus. Kathrin Stein-weg spielt die durch den ver-meintlichen Tod
Achtung, im Salzburger Stadtkino wächst eine Blut und Menschen fressende Pflanze! Das deutschsprachige Rock- musical „Der kleine Horrorladen“ (Inszenierung von Anna Vaughan), ist derzeit das sehenswerteste Stück der Stadt. Der Floristenlehrling Sey- mour (Michael Kouba) züchtet die blutrünstige Pflanze. Sein Chef Dr. Muschnik (Paul Hör) ist von der Pflanze so begeistert, daß er Seymour adoptiert. Das Geschäft heißt jetzt Muschnik & Sohn, kurz M & S. Masochismus und Sadismus werden mit viel Ironie abgehandelt. Für den Sadismus steht der Zahnarzt Orin (Peter Scholz).
Lulu ist Klofrau auf einer Damentoilette. Frauen kommen, erleichtern sich und stellen Stationen aus dem Leben der Lulu dar. Das ist das Konzept der Rearbeitung des Wede-kind-Stoffes, mit dem das Theater YRY nach einer Idee und unter der Regie von Anna Hauer an den Salzburger Kammerspielen reüssierte. Behutsam und einfach werden die vielschichtigen Ebenen des Lebens der Lulu ausgeleuchtet. Lulu, dreifach dargestellt von Eva-Maria Gints-berg, Marion Hackl und Eva Straka, ist Bedürfnisverwalterin, Tänzerin, Kind. Sie wechselt die Kleider, singt — köstlich begleitet auf dem Akkordeon von
Nach langer Planungszeit und vielen vergeblichen Vorankündigungen hat Salzburgs junge Musik im „Rockhouse" am Fuße des Kapuzinerbergs im Stadtteil Schallmoos endlich eine Heimstätte gefunden. Die Lage des ehemaligen Weinlagers in einem Gewerbegebiet gegenüber einer Autobusgarage und neben einem Großhandel für Tischlereibedarf läßt fürs erste nicht mit Anrainerkonflikten rechnen.In den drei Längsschiffen ist eine 250 Personen fassende Bühne, eine Bar und eine Galerie untergebracht, dahinter befinden sich sechs Proberäume, die von den Salzburger Bands gebucht werden können.
Blutet eine Stadt wie Salzburg in knapp zwei Monaten ihr gesamtes schöpferisches und finanzielles Potential für Festspielgäste und Salzburger aus? Gehen die Som-merferien des Landestheaters, der Elisabethbühne, des Kleinen Theaters und des TOI-Hauses nahtlos in eine Art Winterschlaf über, der nur durch Premieren im Vierwochen-Rhythmus wieder unterbrochen wird?
Der Petersbrunnhof in Salzburg: Fast nichts. Vorhanden sind eine Arenabühne und von irgendwoher ein Stromanschluß. Daß dieses Nichts maßlos viel Raum schafft, um ihn kreativ zu füllen, hat das „Ensemble du Courage Mon Pote" mit Faßbinders „Bettleroper" bewiesen. Ausgehend von einem Ensemble, bestehend aus Studenten der Klassen Schauspiel, Musik und Bühnenbild am Mozarteum unter der Leitung von Patrick Caputo, wurde binnen vier Wochen ein Stück gefunden, das sich für das Ensemble eignet, finanziert, einstudiert, probiert und aufgeführt.Faßbinders Stück ist nicht mehr
Die Unmöglichkeit der Verbalisie-rung von Gefühlen ist für den kanadischen Choreographen Edouard Lock eine unerschöpfliche Quelle, die Sinne des Betrachtenden unter Umgehung der Ratio in Wallung zu versetzen. Es wäre zu einfach, Locks neuestes Opus „Ifanta - c'est destroy" als Aneinanderreihung ästhetischer Sequenzen zu sehen, vielmehr werden Geschichten erzählt, umgesetzt von der Truppe La La La Human Steps. Geschichten rasender und zärtlicher Gefühle - Abscheu und Begierde, Haß und Liebe, kindlicher Einfalt und brutaler Unterwerfung werden von Louise Lecavalier dargestellt;
Landschaft und Baukunst haben Salzburg gleichermaßen bekannt und berühmt gemacht; Bettina von Arnim schrieb 1810 an Goethe: "Wie kann ich Dir nur von diesem Reichtum erzählen, der sich vor ims ausbreitet, wo sich der Vorhang allmählich vor Gottes Herr-Uchkeit teilet und wo an sich nur verwundert, daß alles so einfach ist in seiner Größe!". Bernhard Paum-gartner, der frühere Salzburger Festspielpräsident, stellt diesesBrie^tat einem Kapitel seines Salzburg-Buches voran, in dem er sich mit der Landschaft beschäftigt. Nun weiß man auch vieles von der Landschaftsmalerei - vieles, allzu