Des Journalisten Beruf ist unheimlich: Er mag wohl den Auftrag kennen, doch den Auftraggeber, den kennt er nicht. Insofern nimmt sich der Journalist wie ein G e-schäftsführer ohne Auftrag, wie ein negotiorum gestor aus. Wer ist der Auftraggeber? Der Staat? Was ist der Staat? Das Volk? Was ist Volk? Die Gesellschaft? Was ist die Gesellschaft?
Dieses Österreich! Nichts bringt es aus der Passung. Bis auf den heutigen Tag hat es seine geistige Konsistenz in einem Maße bewahrt, daß es einer Friedensinsel gleicht inmitten einer stürmischen See, die den Erdkreis bedeckt. Georg Wilhelm Friedrich Hegel hat den Sturm gesät. Seit der Saat kommt die Welt nicht mehr zur Ruhe. Neu etwa an der Neuen Linken ist der alte Hegel, dessen Geburtstag sich am 27. August zum 200. Male jährt: so unausschöpflich ist sein Werk, so tief und breit die Herrschaft, die er über Geist und Politik unseres Planeten ausübt. Der nüchterne, unverdächtige Gelehrte, Joseph Maria Bochenski, scheut sich nicht, zu sagen, daß die Auseinandersetzung um Hegel den Weltbürgerkrieg der Gegenwart treibt.
Dem Schreiber fällt es schwer, das Thema, das ihm aufgegeben, zu behandeln. Das gesteht er ein. Der Titel und die Untertitel weisen in die Gegend, wo die Schwierigkeiten sich türmen. Das Fragezeichen verrät, daß das Problem sehen, es lösen hilft, daß sich aber kaum eine Aussicht auf eine eindeutige Lösung öffnet. Die Behandlung des Themas fällt dem Schreiber schwer, weil er immerzu die Öffentlichkeit als das Prinzip des demokratischen Rechtsstaates lehrt; weil er dafürhält, daß die Medien der öffentlichen Meinung: die Presse, das Fernsehen, der Rundfunk, eine öffentliche Aufgabe erfüllen; weil er schließlich fast ein Vierteljahrhundert den Hauptberuf eines Journalisten besorgt hat Wer sich die Mühe gibt, dem Gedankengang zu folgen, wird an der Beschwerlichkeit des Weges die Leidenschaft des Ringens ermessen. — Und noch eines: Die vielen Wenn und Aber, die sich dem Leser aufdrängen werden, kennt der Schreiber gut; es ist unmöglich, sie alle in einem Aufsatz abzuwehren. Daher die häufigen Verweisungen auf das fremde und eigene Schrifttum. Auf dem ersten Teil der Strecke wird versucht, das allgemeine Problem der Öffentlichkeit zu umreißen. Die zweite Teilstrecke gehört der Betrachtung über die Zulässigkeit des Seh- und Hörfunks im Gerichtssaal.
ln Beethovens „Fidelio" hören wir gegen Ende des ersten Aufzugs den Chor singen: „O Freiheit! Kehrest du zurück?“ Der Ruf verrät: Die Freiheit ist weg. Die Strophe birgt die Gretchenfrage an die Gegenwart: „Nun sag, wie hast du's mit der Freiheit?... ich glaub’, du hältst nicht viel davon.“ Die Oper, die in Salzburg 1970 festlich auf geführt wurde, ist mit Wirklichkeit zum Bersten gefüllt ...Der Chor, das ist nicht eine irgendwie zusammengetriebene Menge, das ist das an Ort und Stelle im Augenblick versammelte Menschengeschlecht: Seit der antiken Tragödie, seit Aischylos,
Die Zeichen der Zeit weisen in die Gegend, wo sich der Berg der Fehler und Irrtümer erhebt, den die Kirche in der Geschichte zusammengetragen hat. Neben ihm ragt ein Berg von Quadern auf, den die nämliche Kirche zum Bau der Weltkultur geschichtet hat. Er ist in Nebel gehüllt. Zum 10. Dezember, dem „Tag der Menschenrechte“, zumal im „Weltjahr“ und im „österreichischen Jahr der Menschenrechte", sollten wir den Nebel zerreißen. Denn zum Menschenwerk, dessen wir an diesem Tag und in diesem Jahr gedenken, hat die Kirche Christi Beiträge geleistet, die unauswechselbar,
Im September vergangenen Jahres waren in den „Salzburger Nachrichten“ Teile eines Rohmanuskripts von mir zum Thema „Prinzip Österreich und die immerwährende Neutralität“ zu lesen. Mag der Redakteur noch so findig sein, Auszüge bleiben Auszüge; dem Leser entgeht das Sinnganze. Univ.-Prof. Dr. Fritz Fellner setzte sich in derselben Zeitung mit mir auseinander. Ich mußte verreisen, ohne zu erwidern. Die Redaktion der „Furche“ hatte mich noch im September zu einem Gespräch mit Kollegen Fellner eingeladen und um die Skizze meiner Thesen ersucht. Erst Ende November konnte ich sie
El gran maestro de Vienna, ei juristą de la epo ca contemporänea, so nennen ihn die Rechtskundigen und die Diplomaten Mittel- und Südamerikas. Unauslöschliche Verehrung zu den Austrias, Stolz auf die Geschichtsgemeinschaft mit Wien und Bewunderung für den größten Juristen der Gegenwart spiegeln sich gleichermaßen darin. Zum zweitenmal herrscht Österreich über die Hispanität diesseits und jenseits des Ozeans. Auch in Nordamerika, wo Hans Kelsen lebt und wirkt, in der englisch sprechenden Welt, wird seine Meisterschaft bewundert und befolgt. Freilich, nicht immer kommt der gute Rat