6769767-1968_49_13.jpg
Digital In Arbeit

Zum Tag der Menschenrechte

Werbung
Werbung
Werbung

Die Zeichen der Zeit weisen in die Gegend, wo sich der Berg der Fehler und Irrtümer erhebt, den die Kirche in der Geschichte zusammengetragen hat. Neben ihm ragt ein Berg von Quadern auf, den die nämliche Kirche zum Bau der Weltkultur geschichtet hat. Er ist in Nebel gehüllt. Zum 10. Dezember, dem „Tag der Menschenrechte“, zumal im „Weltjahr“ und im „österreichischen Jahr der Menschenrechte", sollten wir den Nebel zerreißen. Denn zum Menschenwerk, dessen wir an diesem Tag und in diesem Jahr gedenken, hat die Kirche Christi Beiträge geleistet, die unauswechselbar, unverwechselbar, unentbehrlich sind. „Was wir Europa nennen“, sagt Carl Friedrich von Weizsäcker, „ist das Werk des Christentums.“ Die Menschenrechte sind der Kern der Frucht, die der Baum des Christen- tumes trägt; und sie sind bis zur Stunde die Formel, die von allen Völkern der Welt angenommen wird, worauf sie sich alle geeinigt haben: Das bekunden die Weltpakte, die die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 16. Dezember 1966 einstimmig beschlossen haben.

Ahnung ohne Kunde

Die Griechen und die Römer ahnen die Einzigartigkeit des Menschen; spüren etwas von seiner unermeßlichen Würde. Aus dem Dunkel im Dunkel dämmert ihnen der Schimmer des Lichtes. Warum genau es sich so und so verhält, was für eine Bewandtnis es mit jenem Allordner hat, erfahren sie nicht: Er ist ein umrißloses Es.

Das erste volle Licht fällt durch das Alte Testament: Gott, der leib haftige und lebendige, zeigt sich, spricht den Menschen an, reicht ihm die Schrifttafeln mit den Zehn Geboten zu und schließt, wie mit seinesgleichen, einen Rechtsbund: foedus. Von nun an sind Gott und Mensch Bundesgenossen. Gewissermaßen: et Deus promissione obliga- tur. Das meint, selbst Gott binde sich sozusagen, kraft Seines Versprechens. Gott zieht die unerhörte Konsequenz aus dem Offenbarungssatz, daß Er den Menschen nach Seinem Bild erschaffen hat:

Ein Mindestmaß an Parität liegt jedem Bund zugrunde. Wie gewaltig sonst der Abstand sein mag, der die Partner trennt, so gewaltig ist er nie, daß das Band reißt. Die Offenbarung und das Bild von dem einen Ursprung des Menschengeschlechts geben den antiken Ahnungen von der Würde des Menschen, seiner Freiheit, von der Einheit des Menschengeschlechts und der Gleichheit der Menschen untereinander: als Ebenbilder und Bundesgenossen Gottes, erste Kontur. Die Umrisse gewinnen an Schärfe, zählt man die Erleuchtung dazu, daß der Allordner nicht mehr als ein unvorstellbares Etwas-Höchstes, vielmehr als Person, als Du erfahren wird, zu dem ich, so Er mich anruft, anspricht sprechen kann, worauf Er antworten kann. Der Dialog von Subjekt zu Subjekt, von Person zu Person hebt an. Du und ich sind je und je eine Person, die Beziehung zwischen Du und ich ist durch und durch konkret, und zwar personal. Anders gewendet: Das Verhältnis des Menschen zu Gott und durch Ihn zum Mitmenschen weist von da an personale Struktur auf.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung