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Keine Bürgermeister-Denkmäler

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Die Oberösterreicher wählen am 5. Oktober nicht nur Landtag und Bürgermeister, sie sollen auch bei der Gestaltung ihres Heimatortes verstärkt mitreden.

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Die Oberösterreicher wählen am 5. Oktober nicht nur Landtag und Bürgermeister, sie sollen auch bei der Gestaltung ihres Heimatortes verstärkt mitreden.

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Zur Eröffnung gab es Freibier und Würstl. Auch die örtliche Musikkapelle spielte bei diesem „Fest an der Straße”, als der neue Fußgängerübergang über die stark befahrene Bundesstraße fertig war.

Die Aktion „Dorferneuerung” hat ihr erstes sichtbares Zeichen gesetzt. Die unübersichtliche Kreuzung in Dietachdorf war mit zunehmendem Verkehr eine immer größere Gefahrenstelle für Fußgänger, besonders für die Schulkinder, die aus dem Bus steigen und die Straße überqueren müssen, geworden.

Sieben Jahre lang hat der Gemeinderat immer wieder bei der Bezirkshauptmannschaft vorgesprochen: einen Zebrastreifen wollte man und eine Blinkampel. Sieben Jahre lang wurde befunden, die zu geringe Fußgängerfrequenz rechtfertige einen Fußgängerübergang, nicht. Vor einigen Monaten setzten sich die Mitglieder zweier Arbeitskreise im Rahmen der „Dorferneuerung” gemeinsam mit dem Gemeinderat für den Wunsch der Bevölkerung ein. Die Bezirksbehörde und die Bundesstraßenverwaltung prüften die Vorschläge und änderten sie gesetzeskonform ab. Jetzt gibt es in Dietachdorf zwar keinen vollwertigen Fußgängerübergang mit Blinkampel über die B 115, aber eine Verkehrsinsel als Querungshilfe.

Das ist ein Beispiel, im geschilderten Fall nur ein Teilprojekt, aus der Aktion „Ortsbildentwicklung und Dorferneuerung”, in der das Land Oberösterreich seine Bewohner zum Mitreden und Mitgestalten auffordert. Geld für Extravorhaben gibt es künftig von der Landesregierung nur mehr, wenn nachgewiesen werden kann, daß das Projekt unter größtmöglicher Bürgerbeteiligung zustande gekommen ist. „Bürgermeister-Denkmäler” will man tunlichst vermeiden.

Im Sinne der übergeordneten Raumordnung sind die Gemeinden aufgefordert zu überlegen, in welche Richtung ihre Entwicklung gehen soll. Ein „Leitbild”, in dem dieses Ziel festgeschrieben ist und Schwerpunkte der örtlichen Entwicklung definiert sind, soll erstellt werden. Arbeitskreise sollen in verschiedenen Themenbereichen Zielvorstellungen erarbeiten und eine möglichst breite Beteiligung der Bevölkerung sicherstellen. Ist das „Leitbild” formuliert, geht es an den Gemeinderat, an Vereine und Körperschaften zur Begutachtung. Auch der einzelne Bürger ist aufgefordert, mitzudenken, damit ein breiter Konsens entsteht. Das „Leitbild” wird schließlich vom Gemeinderat beschlossen und ist Richtschnur weiteren Handelns.

Das land Oberösterreich unterstützt den Prozeß der Dorferneuerung auch finanziell und stellt zudem einen Prozeßbegleiter als neutralen Ansprechpartner zur Verfügung. Gemeinden, die sich an der Aktion beteiligen wollen, werden eingeladen, in einem vom Land unterstützten „Workshop” sich auf ein Projekt zu einigen, das in Angriff genommen wird und hinter dem eine möglichst große Anzahl von Bürgern steht.

In den Gemeinden selbst sorgt die Dorferneuerung zunächst einmal für

Belebung: die Bürger, oft gerade auch neu zugezogene Bewohner, fühlen sich zum Mitgestalten - außerhalb des Gemeinderates - angesprochen. Neue Ideen werden geboren.

Dann gibt es natürlich auch Frustration, wenn die engagierten „Nicht-Gemeinderäte” merken, welche gesetzlichen, verwaltungsmäßigen oder auch finanziellen Hürden diesen Ideen im Weg stehen. Frustration aber auch bei manchen Gemeinderäten, die befürchten, der Bürgermeister baue sich in den Arbeitskreisen eine Art Schattenkabinett auf. Schließlich überwiegt aber doch die Befriedigung darüber, daß etwas bewegt werden kann.

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