Aus einem Michelangelo werden drei

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Michelangelo“ ist das dritte Stück des von Jochen Ulrich 1995 mit "Goya - danzas negras“ an der Oper Köln begonnenen und 2004 mit "Caravaggio“ am Tiroler Landestheater fortgesetzten Malerzyklus’ über bildende Künstler. Michelangelo, so Ulrich, zeige in allen seinen Werken, dass die Seele unmittelbar dem Körper innewohne. Er habe sogar Gott als Mensch in Gestalt eines nackten, männlichen Körpers dargestellt, voll innerer Kraft und Ruhe. Und eben diese Körperlichkeit, die Veräußerlichung der Seele durch den Körper, ist für Ulrich die Voraussetzung für seine Arbeit als Choreograf.

Jeder der 13 Päpste, die Michelangelo überlebte, hatte ihn gebeten, ein Grabmal für ihn zu errichten. Trotzdem war er ein unglücklicher Mensch. Michelangelo Buonarroti (1475-1564), dieser Titan als Künstler - als genialer Bildhauer, Maler, Architekt und Dichter -, hatte oft genug unter den Launen seiner Auftrag- bzw. Arbeitgeber zu leiden. Dennoch geht es in Ulrichs Stück nicht um Michelangelos Biografie, sondern um seine schöpferische Kraft.

Liebend, schöpferisch, leidend

Der Kunsthistoriker Sir Ernst H. Gombrich schreibt über Michelangelo: "Eines der Geheimnisse seiner Kunst, das seit eh und je bewundert wurde, besteht darin, dass die Umrisse seiner Gestalten immer klar, einfach und ruhig bleiben. […] Vielleicht kommt es daher, dass Michelangelo von allem Anfang an seine Figuren so zu konzipieren versuchte, als lägen sie schon in dem Marmorblock, an dem er arbeitete, verborgen, und er hätte als Bildhauer nur die Aufgabe, den überflüssigen Stein zu entfernen, der sie bedeckte.“

Wie aber die Person Michelangelo auf die Bühne bringen? Die Lösung des Problems ist spannend, doch für den Zuschauer nicht unproblematisch: Ulrich stellt drei Michelangelos, die unterschiedliche Aspekte dieser "Persönlichkeit“ darstellen, auf die Bühne, die den Marmor - des Künstlers wichtigstes Arbeitsmaterial - zum Dreh- und Angelpunkt des Geschehens macht. So weit, so gut. Doch die symbolischen Figuren des liebenden, schöpferischen und leidenden Menschen, die Martin Dvo˘rák, Wallace Jones und Fabrice Jucquois gestalten, sind für den Zuschauer nicht immer zu erkennen. Es wäre daher ratsam, rechtzeitig vor Beginn der Vorstellung das liebevoll und informativ gestaltete Programmheft zu lesen.

Die Auftraggeber Michelangelos werden von Ziga Jereb, die Dichterin von Irene Bauer, der Geliebte von Sakher Almonem dargestellt, die auch die 16 Geschöpfe Michelangelos vertreten mögen. Sie alle sind große Klasse. Das gilt auch für die solistischen Höhepunkte von Mario Seriakov (Violine) und Maki Namekawa (Klavier). Das auf der Hinterbühne platzierte Bruckner Orchester Linz war mit der interessanten Musik des estnischen Komponisten Arvo Pärt wie der Sinfonia da Requiem von Benjamin Britten unter dem Dirigat von Dennis Russell Davies in besten Händen.

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