Brückenbau - nicht nur zu H. Nitsch

Werbung
Werbung
Werbung

Fast vergessen sind die sommerlichen Wogen rund um Hermann Nitsch und sein Orgien-Mysterien-Theater, die das katholische Österreich trafen und auch einige Bischöfe zu geharnischten Stellungnahmen veranlaßten.

Die damals vermißte, differenzierte Auseinandersetzung mit dem Aktionismus Nitschscher Prägung ist im neuen Buch des katholischen Doyens der Begegnung zwischen Kirchen und Kunst nachzulesen: Günter Rombolds "Ästhetik und Spiritualität" ist allen, die in die - auch als Kontroverse mögliche - Diskussion mit zeitgenössischer Kunst einsteigen wollen, zur Lektüre ans Herz zu legen.

Nicht, daß Rombold Hermann Nitsch und seine Aktionen vorbehaltlos gutheißen würde; nicht, daß der Autor sich scheute, zu benennen, wie sich diese Spielart österreichischer Gegenwartskunst aus dem christlichen Kontext (unter Verwendung urchristlicher Symbole und Riten) entfernt: Aber es tut wohl, einen offenen Zugang zu nicht leicht zugänglichen Formen der Kunst zu erleben und nachzulesen.

Hermann Nitsch ist nur eines der Themen, mit denen sich Rombold, Emeritus für Kunstwissenschaft an der Theologischen Hochschule Linz und Herausgeber der Fachzeitschrift "Kunst und Kirche", in seinem Buch auseinandersetzt. Von den mystischen Bildern Alexej Jawlenskys bis zu den Übermalungen Arnulf Rainers, von Ernst Barlach bis Joseph Beuys reicht das Feld, und auch um ein Verständlichmachen von Kunsttheorien drückt sich der Autor nicht.

Daß "Spiritualität" nicht nur Modeerscheinung ist, sondern in der zeitgenössischen Kunst in vielfältigem Gewand entgegentritt, wird in Rombolds Plädoyer für eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht deutlich: Religion und bildende Kunst haben ihr Verhältnis neu anzugehen, einer der großen alten Männer dieser Begegnung versucht mit Leidenschaft, das auf kirchlicher Seite verkümmernde Gespräch zu retten. (Kein Zufall, daß etwa in den Voten zum "Dialog für Österreich" - trotz Bemühungen einzelner Delegierter -, die (bildende) Kunst nicht vorkommt).

Nicht zuletzt deswegen ist das Buch des Priesters, Theologen und Kunstexperten Günter Rombold höchst notwendig, um die kirchlichen Brücken zur Moderne in der Kunst nicht brechen zu lassen.

Ästhetik und Spiritualität. Bilder - Rituale - Theorien.

Von Günter Rombold. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1998, 224 Seiten, geb., öS 336,

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung