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Wenige Worte werden so missbraucht wie das Wort "Demokratie". Wann hat denn das Volk wirklich regiert? Räterepubliken und Basisdemokratien haben sich stets als Kurzzeitphänomene erwiesen. Repräsentative Demokratien sind effektiver, aber sie werden häufig missverstanden: Die gewählten Repräsentanten fühlen sich schnell als Diktatoren auf Zeit.

Alle Unzufriedenen schreiben "Demokratie" auf ihre Fahnen: Gewerkschaften, Kirchenvolksbegehrer und Studenten. Vielleicht könnte, was mit "Demokratie" gemeint ist, endlich sichtbar werden, würde das Wort seltener gebraucht. Die Beispiele des Missbrauchs reichen vom Irakkrieg bis zur österreichischen Universitätsreform, von der Diagonale bis zum "Dialog für Österreich". Überall waren die Entscheidungsträger je auf ihre Weise legitimiert, und doch hat gerade das gefehlt, worauf es ankommt: Die Vorschläge, später die Proteste der Betroffenen wurden ignoriert, die lästige Kommunikation abgebrochen. Diktatur spielen, wenn auch nur für eine begrenzte Amtszeit, ist verführerisch - und wer Demokratie nur formal versteht, leistet dieser Verführung Vorschub.

Inzwischen weiß man, dass kein Betrieb ohne Kommunikation und Motivation der Mitarbeiter auskommt. Deshalb muss der Generaldirektor nicht von der Belegschaft gewählt werden. Die entscheidende Frage ist nicht einmal, ob Rom einen Bischof ernennt oder ob er vor Ort gewählt wird. Die Ergebnisse hängen nicht immer vom Modus der Bestellung ab. Ob Bischof, Kanzler, Rektor oder Präsident - wenn sie sich als legitimierte Diktatoren aufführen, beschädigen sie, wo- rauf es ankommt. Mit der Forderung nach Demokratie ist ihnen nicht beizukommen; nicht an ihr fehlt es, sondern an der politischen Kultur des Zuhörens, des Ernstnehmens, des Gesprächs.

Der Autor ist Journalist und war Leiter der Abteilung Religion im ORF-Fernsehen.

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