Ein verschmitzter geistlicher Poet

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Seit bald 40 Jahren lebt er, der Flachländer, in Wien: Joop Roeland, niederländischer Augustinerpater, war hier unter anderem langjähriger Hochschulseelsorger, dann – bis 2006 – 20 Jahre Rektor der Ruprechtskirche in Wien. Auch nach seiner Emeritierung hat er den einen oder anderen priesterlichen Job behalten – etwa als Seelsorger für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen.

Oder als geistlicher Poet: Die Sprache der Beter und die Sprache der Dichter sind eng verwandt, wurde und wird er nicht müde zu betonen. Um eine heilende Sprache geht es ihm, nicht um die Sprache der Gesetze, sondern ums eine oder andere friedenbringende Wort, ums nicht verletzende Sagbare, ums Wiederentdecken von Sprache in einer sprachlosen oder jedenfalls spracharmen Zeit. „Ich komme aus einer lang vergangenen Zeit, in der Menschen einander Briefe geschrieben haben“, kann man bei ihm lesen. Aber: „Die Zeit der Briefe ist schon lange vorbei. E-Mails werden verschickt. Die Spiritualität unserer Zeit ist eine E-Maile-Spiritualität.“ Solch leise Untertöne schreibt Joop Roeland in seinem neuem Buch „Verlorene Wörter“ unter dem Stichwort Verkünden. Und weiter: „Über ein E-Mail kann man nicht verkünden.“ Um dann zu schließen: „Ich glaube, das Verkünden ist wieder zu lernen, eine ehrfürchtige, laute Sprache, einfach wie Brot, fröhlich wie ein Kinderlachen.“

Insgesamt 66 verlorene Wörter umkreist Roeland in poetischen Minaturen – von antichambrieren bis Zauberlaterne, darunter altbekannte Wörter wie Barbier, Chaussee, Hagestolz oder Hochwürden, aber auch Ungeläufiges wie Galgenschwengel oder Großmächtiges wie Gnade.

Eine Fundgrube für Junge, die sicher nur mehr ahnen, was ein Vierteltelefon war. Roeland sinniert bei diesem Stichwort, wie man da oft auf eine Leitung warten musste – undenkbar in der Handy-Zeit, wo bestenfalls ein Netzausfall manch heilsame Wartezeit beschert. Der Autor erinnert dabei auch an Waluliso, gleichfalls ein bald unbekanntes Wiener Original, das Roeland als „selbsterfundene Mischung aus Philosoph und Prediger, übergossen mit einer Soße der Selbstdarstellung“ treffend charakterisiert. Und er erfindet dann ein Handy-Gespräch, genauer: ein Gebet via Handy zwischen Waluliso (der 1996, also knapp vor dem Mobilfunk-Boom, verblichen ist) und dem lieben Gott.

Verschmitzter und leiser Humor strahlt von jeder Seite dieses Wörter-Büchleins entgegen, das mit Zeichen-Bildern von Angelika Kaufmann illustriert ist – ein bibliophiles Kleinod (auch dieses verlorene Wort findet sich in der Sammlung).

Und dazu eine unaufdringlich leise, oft unvermutete Begegnung mit Gott – gerade wenn dieses Wort vom Autor kaum, und wenn, dann mit geradezu zärtlicher Vorsicht zu Papier gebracht wurde.

Verlorene Wörter

Von Joop Roeland. Mit Arbeiten von Angelika Kaufmann. Wiener Dom-Verlag, 2009.125 Seiten, geb., € 17,50

Autorenlesung: Sa 10. Okt., 19.30, Kirche St. Blasien-Kleinwien in Paudorf (www. www.pfarre-paudorf.com) Buchpräsentation: Do 22. Okt., 19.00, Ruprechtskirche, 1010 Wien. Zum Buch spricht Otto Friedrich, DIE FURCHE

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