Eine unbändig leise Stimme ist verstummt

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„Die Stimme eines dünnen Schweigens“ – so lautet einer seiner Buchtitel, der sich auf den Propheten Elija bezieht, welcher Gott mit diesem Namen, besser: mit dieser Erfahrung bezeichnet. Leise, aber unentwegt war auch Joop Roelands Stimme, die am 18. März für immer verstummt ist. Poetische Sprache, das kleine Wort, die Beharrlichkeit des Dichters, der für die großen Fragen nur seine ungeschützten Wörter einsetzt: Dafür ist der holländische Augustiner in Wien bis zuletzt gestanden.

Der 1931 in Haarlem Geborene war nach Wien gekommen, um seine Dissertation zu beenden. Der Doktorhut blieb Zukunftsmusik, aber die Stadt an der Donau ließ ihn nicht mehr los. 1970 wurde Joop Roeland Studentenseelsorger und brachte den Aufbruch des niederländischen Katholizismus den Studenten nahe. Bis 1986 stand er der Katholischen Hochschulgemeinde Wien vor, bis dort ein anderer kirchlicher (Zeit-)Geist zu wehen begann.

Danach baute er in der Wiener Ruprechtskirche eine Gemeinde mit auf, die nicht zuletzt fürs sorgfältige Wort und eine zeitgemäße Liturgie bekannt wurde. 2006 emeritierte er dort, blieb aber Seelsorger für gleichgeschlechtlich empfindende Menschen – eine Pionieraufgabe, die ihm Kardinal Schönborn 1998 zugemutet hatte.

Beter und Dichter – eine Verwandtschaft

Trockener Charme des Niederländers mittendrin in den Abgründen der Wienerstadt – so könnte man Joop Roeland charakterisieren. Ein verschmitzt Lächelnder, dem der Schalk im Nacken saß, auch wenn er über die großen Fragen der Menschen nachdachte, schrieb oder predigte. Ein Fragender – auch und immer wieder nach Gott – war er geblieben, einer, der sich von der grassierenden Sucht nach Antworten an der Spitze seiner Kirche nie beeindrucken ließ: Die Beter sind mit den Dichtern verwandt, so seine Überzeugung, und nicht mit den Theologen oder gar den Dogmen-Verkündern.

Was für ein Zeichen, dass diese unbändig leise Stimme in den Tagen versiegt ist, in denen sich die katholische Kirche in Betroffenheitssprache verliert … Joop Roeland war ein Sprachheiler. Einer, der sich nicht an die große Glocke gehängt hat – der aber hier und heute schmerzlich fehlt. Ein Freund und Weggefährte, der gegangen ist.

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