Fein möblierte Wiener Kunstauslage

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Das ohnehin schon heiß umkämpfte Wiener Galerienparkett ist seit Kurzem noch heißer: Die Innsbrucker Galerie Thoman hat in bester Innenstadtlage eine noble Dependance programmatisch mit einer Personale des Schweizer Konzeptkünstlers John M Armleder eröffnet.

In Innsbruck betreiben Elisabeth und Klaus Thoman seit 34 Jahren mit großem Erfolg eine Galerie, die 2006 in dem in Brüssel erscheinenden Handbuch für Sammler "art world dealers“ immerhin unter den 100 führenden Galerien weltweit aufscheint. Doch das genügt dem Galeristenehepaar, dessen ganze Leidenschaft die Kunst ist, nicht. Mit Mitte bzw. Ende fünfzig wollen sie es noch einmal wissen - und wagen sich auf das unbequeme Wiener Galerienparkett. Denn trotz weltweiter Vernetztheit und Präsenz bei wichtigen Messen sei es schon wichtig, in der Bundeshauptstadt permanent vor Ort zu sein, sagt Klaus Thoman. Für die Sammler genauso wie für die Künstler, die sie vertreten, und die Gefahr, dass diese von Wiener Kollegen abgeworben werden, sei weniger groß.

Die Wiener und die Innsbrucker Galerie Thoman haben zwar denselben Namen, ihre Programme werden aber völlig eigenständig sein. Was sich schon in den Drucksorten der beiden Kunstorte zeigen soll: Die für Innsbruck werden in weißer Schrift auf hellblauem Papier gedruckt, die für Wien in Blau auf weißem Grund. Hier sollen in nächster Zeit große internationale Positionen wie Jürgen Klauke, Tal R, Siegfried Anzinger oder Walter Pichler gezeigt werden, neben noch zu entdeckenden jungen Leuten. Mit Kunst ausgerechnet in Zeiten der Krise zu expandieren, ist für die Thomans exakt das Richtige. Obwohl sich im vergangenen Jahr die Flaute in einer deutlichen Zurückhaltung bei Kunstkäufen niedergeschlagen habe, habe er seine Kunden inzwischen überzeugen können, dass "Kunst doch das schönste Sparbuch“ ist, sagt Klaus Thoman.

Grenzgänge zwischen Kitsch und Kunst

Mit dem international gefeierten Konzeptkünstler John M Armleder - der in Wien zum letzten Mal 1993 mit einer Personale in der Sezession präsent war - eröffnet die Wiener Galerie Thoman furios. Der 63-jährige Schweizer bespielt sämtliche 280, sich zur Straße hin mit hohen Rundbögen öffnenden Quadratmeter mit einer Raumhöhe von mehr als vier Metern souverän. Er füllt sie mit diversen Facetten seines nur schwer fassbaren Werks, das die Fluxus-Vergangenheit nie verleugnet und um ein ständiges Hinterfragen des gängigen Kunstbegriffs, aber auch seines eigenen Tuns als Künstler kreist. Und das mit viel Humor und Mut zu Selbstironie. Was den immer auf Unbekanntes neugierigen Armleder reizt, ist das Grenzgängerische, das Nicht-Eindeutige, sind die Schnittstellen zwischen banalem Gebrauchsgegenstand und Kunst, zwischen Zufälligem und Kontrolliertem.

"late“ nennt John M Armleder seine für die Wiener Galerie Thoman konzipierte Schau, in die er etwa drei Rollen eines offensichtlich benutzten roten Spannteppichs gelegt hat. Allerdings nicht, um auf dem schönen alten Estrich ausgelegt zu werden, sondern um als skulpturales Objekt begriffen zu werden, dessen Deutung der Künstler jedem selbst überlassen möchte. Ob es sich bei den zu einem überdimensionalen Regal gestapelten acht Tischen um etwas konkret Benutzbares handelt, bleibt ebenfalls der Einschätzung des Betrachters überlassen, um doch sehr bald zu erkennen, dass es sich hier um eine der "Furniture Sculptures“ handeln muss, für die Armleder bekannt ist. Von zwei monströsen Neonleuchten wird dagegen die Installation "Jelinek“ dominiert, die aus einem Wiener Café dieses Namens stammen und eine abstrakte Malerei flankieren. Ob das daneben stehende Sofa ebenfalls ein Kunstwerk ist, bleibt unklar. Es darf allerdings real be-sessen werden.

Im zweiten Galerieraum hat Armleder einen feinen Salon eingerichtet. Bestückt mit zwei alten Fauteuils, einem Fransenteppich in Pink und Bildern an der Wand, deren farbige Rinnsale verdächtig glitzern. Ganz neu sind stachelige Glasobjekte, die der Künstler in Murano hat machen lassen. Mittels Schablonen auf Tapeten gemalt hat Armleder kopflose Clowns in Rot, Gelb und Blau. Die Pop Art lässt hier ebenso wie der Kitsch grüßen. Doch Geschmack sei allein eine Frage kultureller Definition, letztlich des Zeitgeistes, lässt der Meister wissen.

Galerie Elisabeth & Klaus Thoman

Seilerstätte 7, 1010 Wien

Di-Fr 12-18, Sa 11-16 Uhr

Die Ausstellung "late“ läuft bis 3. März.

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