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Graz hat Glück: Was Marco Arturo Marelli sich 2013 für die Königliche Oper Stockholm hat einfallen lassen, zündete nun auch hier. Er liest "Turandot" als Spiegelung von Giacomo Puccinis eigener Vita mit der eisigen Ehefrau und der in den Tod flüchtenden keuschen Hausangestellten. Ohne Musik fing ein Puccini-Double nach dem Aufgehen des Vorhangs an, verzweifelt seine Skizzen zu ordnen und auf dem Klavier das Thema einer chinesischen Spieluhr zu variieren, während das in ihn verliebte kleine Hausmädchen Doria ungelenk ihre Anwesenheit signalisierte. Ein Eisenbett stand mitten im Raum, aber es passierte nichts. Realiter hatte ja die hysterische Ehefrau Elvira das ganze dörfliche Torre del Lago mit ihren Anschuldigungen verunsichert, bis das beklagenswerte Kind Selbstmord beging. Aus solcher Konstellation traten endlich zu Puccinis Noten der Komponist als Calaf, das Mädchen als Liu und die Frau als Turandot hervor.

Zwei Akte Höchstspannung waren ob der Lesart und Personenregie garantiert, ehe Liu, um Calafs Geheimnis zu schützen, ihren Folterern das Messer zum Selbstmord entwand.

Dieser Klimax hatte das Finale im nur scheinbaren Happy End keinen verdoppelnden Coup mehr aufzusetzen: Turandot und Calaf landeten auf einem blauen Minigartenmöbel.

Spitzenbesetzung

Domingo Hindoyan beachtete, dass Puccini zwei Drittel seiner Partitur nicht ins Fortissimo gepeitscht haben wollte, sondern mit unglaublichen dynamischen Valeurs auch seine Sängerbesetzung nicht zum forcierten Brüllen aufforderte. Die Grazer Philharmoniker folgten der prononcierten Zeichengebung so willig, dass expressionistisch-exotische Farben und Gefühlsvaleurs nur so funkelten und glitzerten. Ergreifend Gal James als Liu, eine schwelgerische vox humana. Die in allen hochdramatischen Sätteln sichere Mlada Khudoley (Turandot) konnte ihr fülliges Material facettenreich und höhensicher ausbreiten. James Lee sang sein "Nessun dorma" schlank und mit Italianità, schmelzreich aber nicht schmalzend. Körper-und Stimmeinsatz boten Ivan Orescanin als Ping, Taylan Reinhard als Pang, Martin Fournier als Pong. Wohllaut und Kraft zeichneten David McShane als Mandarin und Konstantin Sfiris als orgelnden Timur aus. Wie Chor und Extrachor den "Mond-Chor" interpretierten, dafür verdient Chordirektor Bernhard Schneider einen Orden.

Turandot - Oper Graz 30. Jänner, 2., 6., 9. Februar, 1., 7., 12., 21. März, 6., 27. April

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