Spektakulär und verwirrend

Werbung
Werbung
Werbung

Wie ein riesiger Drache schlängelt sich die chinesische Mauer beeindruckend über die Seebühne. Davor ringt Puccini mit dem Finale seiner Oper. Krachend stürzt der mittlere Teil der Mauer, zeitgleich setzen die wuchtigen Töne von "Turandot" ein.

So spektakulär lässt Regisseur und Bühnenbildner Marco Arturo Marelli Giacomo Puccinis Oper beginnen. Aber auch sonst ist ihm für den Einstand der neuen Intendanz von Elisabeth Sobotka viel eingefallen. Puccini mutiert zu Calaf und umgekehrt, immer wieder verschwimmen Realitäten mit Traumwelten. Das in graue Mao-Uniformen oder Abendroben gewandete Volk wird von einem Pierrot ebenso wie von Schwertkämpfern unterhalten. Mittig findet sich ein drehbarer Zylinder, geeignet für allerlei Projektionen. Eine Terrakotta-Armee umrahmt die Bühne.

Identitätswechsel

Mlada Khudoley schafft die Partie der Turandot nahezu mühelos. Ihr ergreifender und sie stimmlich übertreffender Kontrapunkt ist Guanqun Yu, ein Idealfall einer innigen Liù. Riccardo Massi als Calaf liefert Glanz und wunderbare Höhen, Michael Ryssov ist ein edler Timur. Exzellent auch Andrè Schuen (Ping), Taylan Reinhard (Pang) und Cosmin Ifrim (Pong). Paolo Carignani setzt die Partitur bei den Wiener Symphonikern meist delikat und feinschillernd um.

So klar die Oper am See erzählt wird, so verwirrend ist Stefan Herheims Sichtweise im Festspielhaus. Denn was sich da bei "Hoffmanns Erzählungen" von Jacques Offenbach abspielt, ist schlichtweg chaotisch: Ganze Chöre von Hoffmanns tauchen auf. Seine Geliebten sehen mit ihren Miedern und Strapsen auch alle gleich aus. Giulietta wird von zwei Sängerinnen abwechselnd gesungen. Dazu kommt ein ständiger Identitäts-und Geschlechterwechsel zwischen den Charakteren. Auch diesmal geistert der Komponist auf der Bühne herum.

Auch wenn sich der Sinn von all dem nicht erschließt, so ist man doch von diesem provokanten "totalen" Theater, dem Überfluss an Ideen auf der riesigen Showtreppe, die sich auch zur Rialto Brücke wandelt, unter der rauchende Särge fahren, fasziniert. Mit Daniel Johansson hat man einen intensiven Titelhelden mit tenoraler Kraft gefunden. Michael Volle ist ein kraftstrotzender Bösewicht mit derber Dämonie. Es singen fein Rachel Frenkel (Muse), koloraturensicher Kerstin Avemo (Olympia), sinnlich Mandy Fredrich (Antonia). Romantisch üppig und vital lässt Johannes Debus die Wiener Symphoniker spielen.

Bregenzer Festspiele, bis 23.8.

www.bregenzerfestspiele.com

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung