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Kultur-Blick nach Westen

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Portugal ist zweifellos ein Land, dem Österreich mehr Aufmerksamkeit widmen sollte als bisher. Um bloß 1,8 Millionen weniger Einwohner als Portugal haben wir und in mancher Hinsicht ein ähnliches Verhältnis zu Deutschland wie die Portugiesen zu den Spaniern. Ein erheblich größerer Nachbar, demgegenüber wir unsere Identität bewahren.

Die Portugiesen können dabei auf eine nicht sehr große, aber doch bestehende Verschiedenheit der Sprachen hinweisen, dafür steht kulturgeschichtlich dem Land ein geringeres eigenes Potential zur Verfügung als Österreich. Freilich können auch sie wichtige Schriftsteller von Luis de Camoes bis Fernando Pessoa und Jose Sa-ramago anführen, Architekten und Komponisten, Philosophen, Wissenschaftler, aber die Hauptenergie der Portugiesen richtete sich in der Vergangenheit auf die Seefahrt, die Entdeckung von Kontinenten, von exotischen Ländern und Inseln, die sie in einem gewaltigen Kolonialreich vereinigten.

Der Zusammenbruch dieses Reiches fand wesentlich später statt als jener der österreichisch-ungarischen Monarchie, die letzte Phase erfolgte erst 1974. Die schwere Identitätskrise stellte sich aber bereits während dieses längst vorhersehbaren Vorganges ein. Worauf sollte sich nun die Identität des 9,8 Millionen kleinen Landes stützen, dessen Wirtschaft durch den Wegfall seiner Kolonien schwere Umstellungsprobleme zu bewältigen hatte?

Nach einer zweiwöchigen Vortragsreise durch dieses Land (in Universitätsstädten und in Lissabon) konnte ich feststellen, wie überaus interessiert man dort nach Österreich blickt: Wie hat Österreich seine ähnlichen Probleme einst gelöst? Unsere krisengeschüttelte Zwischenkriegszeit und Hitler können da nur abschreckende Beispiele geben, aber nach 1945 war der Weg zur Autonomie bis heute sehr erfolgreich.

Vor allem die kulturellen Leistungen Österreichs in der Formierung einer lebendigen Tradition, in der österreichischen klassischen Moderne in der bildenden Kunst und in einer Literatur mit Thomas Bernhard, Peter Handke und Christoph Ransmayr lenkten die Aufmerksamkeit auf die in Portugal noch nicht ausgeschöpften eigenen Möglichkeiten.

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