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Wirklich gut Ein einsamer, müder, alter Mann steht in einem kargen Wirtshaussaal, doch Mitleid weicht bald der Bewunderung für einen von seiner Sendung Besessenen: Das ist Otto David in der Titelrolle von Thomas Bernhards "Theatermacher" im Grazer Schauspielhaus.

Er ist ein Meister der diskreten Mittel, seine bis ins Pianissimo tragfähige, modulationsreiche Stimme verbindet sich mit Mimik und Gestik zur Einheit. Dazu ist er auch ein Meister der Pausen. Diese Unterbrechungen des Textes erzeugen und steigern Spannung mittels der Kunst des aktiven Nichtstuns. Am Ende weiß man, auch angesichts der Katastrophe wird dieser Besessene seinen Traum weiterleben.

Ihn unterstützt ein eindruckvolles Ensemble: Helfried Edlinger als primitiver Wirt, der nichts begreift, Ute Radkohl, die sich virtuos durch die Szene hustet, Regina Schweighofer als ernste Sarah und Gerti Pall als Karikatur einer Wirtin. Georg Peetz als leicht zynischer Ferruccio und Martina Stilp als besenschwingende Erna werden vom sonst unaufdringlichen Regisseur Thomas Reichert zu unnötigen Kasperliaden angestiftet.

Christa Höller Welcher Mut!

Eine österreichische Gerhart Hauptmann-Erstaufführung in Salzburg: Die Elisabethbühne konnte mit dem Schauspiel "Christiane Lawrenz" einen beachtlichen Erfolg für sich verbuchen.

Im freilich nur mehr von der bürgerlichen Urgroßeltern-Generation gepflegten Deutsch tun sich die Abgründe einer Fassendenfamilie auf: Alles Versteckte, Verdrängte, Ignorierte wird hochgespült, als von Christiane Lawrenz der Hauslehrer Kajus Beck für die drei Sprösslinge der Familie engagiert wird. Es beginnt so etwas wie ein Totentanz: Die Beziehung zwischen Beck und Christiane verdichtet sich, der Hausherr Lawrenz sieht sich an den Rand gedrängt - Hass und Aggressionen sind kaum mehr zu bändigen.

Ein Erfolg für Daniela Enzi als Christiane, vor allem aber für Alexander Ourth als Kajus Beck, seine erste größere Rolle, dessen Gestalt er erstaunlich differenzierend anbietet. Beifall für Renate Rustler-Ourths Regie und den Mut, das Stück aufzuführen.

Franz Mayrhofer Ewig schad' Nestroy und Raimund waren zweifellos große Dichter. Sind ihre Couplets schon in den Originalstücken meist abgedroschene Tempobremser, müssen sie im Alt-Wiener Singspiel "Ewig schad' um uns" von Peter Hofbauer in der Wiener Kammeroper als Highlights herhalten. Der Prinzipal des Metropol bläst die historisch überlieferte Feindschaft zwischen dem aufsteigenden Nestroy- und dem sinkenden Raimund-Stern am biedermeierlichen Theaterhimmel zur abendfüllenden Handlung zwischen ausufernd eingestreuten Gassenhauern auf, legt seinen Figuren aber nur Platitüden in den Mund.

Auf der nett von Sara Weingart als Biedermeiersekretär ausgestatteten Guckkastenbühne mühen sich Bernd Jeschek als cholerisch-depressiver Raimund und Adi Hirschal, der zähnebleckende, zynische Frauenvernichter Nestroy redlich ab, den platt vorgezeichneten Charakteren mit Wiener Schmäh etwas Profil abzuringen. Das versöhnliche Ende bügelt endgültig jeden Ansatz von Glaubwürdigkeit nieder. Ewig schad' um das engagierte Spiel des Ensembles, ewig schad' um die vertane Chance, Raimund und Nestroy aus ihren Klischees zu befreien, sehr schad' um einen Abend.

Isabella Marboe

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