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Allzu knappe Stenogramme

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Uber 350 Porträts von großen Österreicherinnen hat die Journalistin Renate Wagner für eine Zeitungsserie geschrieben, die jahrelang lief. Anläßlich des Mil-leniums hat der Ueberreuter-Verlag 42 dieser Frauengeschichten als Buch herausgebracht. Nun erscheint es freilich kühn, das ganze lange, spannende und abwechslungsreiche Leben einer Künstlerin auf knappen drei Seiten abzuhandeln. Für Zeitungen sind das meist kulinarische Geschichten. In Buchform wirken sie zu dünn und farblos.

So unterschiedliche Frauen wie Constanze Mozart oder Bertha von Suttner, Adelheid Popp oder Elisabeth Bergner erscheinen deshalb zwar als „ungewöhnliche” Frauen, deren Leben sich anders gestaltet hat, als es dem gängigen Frauenklischee ihrer Zeit entsprochen hätte. Um aber ihnen und ihrem Leben auch nur annähernd gerecht zu werden, müßte ihnen mehr Raum gewidmet werden. Dazu kommt, daß über einige dieser Frauen - wie Maria Theresia, Rosa Mayreder oder Romy Schneider -bereits sehr viel publiziert wurde, so-daß diese knappen Porträts weder neue Details noch eine neue Interpretation bieten können.

Einige Kuriosa sind dennoch zu finden. Emma Adler, die Frau des Begründers der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, Victor Adler, schilderte nicht ohne eine Portion Zynismus die zahllosen Verehrerinnen ihres Gatten, der „vom Backfisch bis zur kahlköpfigen Greisin” angehimmelt wurde, obwohl sie alle gar nichts „von

Sozialismus und Politik verstanden”. Und sie war Modell für die Madonna in der Kirche von Nußdorf am Attersee, die dort heute noch zu bewundern ist. Bertha von Suttner war sich bewußt, daß sie ihren Kampf gegen den Krieg „populär” machen mußte, um wahrgenommen zu werden: „Wir leben im Zeitalter der Werbung”, meinte sie bereits um 1900.

Aus den Lebensgeschichten kann man herauslesen, daß es in Österreich eine lange Reihe starker, mutiger Frauen gegeben hat, die in Kunst, Literatur, Politik und Wissenschaft -meist gegen die Konventionen — ihren Weg gingen. Das Buch macht Lust, über einige Frauen mehr zu lesen. Das ist aber auch sein größtes Verdienst.

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