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Christine Busta

19451960198020002020

Jahr um Jahr. Eine Weihnachts- und Neujahrsausgabe des Verlages Herder, Wien 1950/51

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Jahr um Jahr. Eine Weihnachts- und Neujahrsausgabe des Verlages Herder, Wien 1950/51

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„Eh aus dem letzten Hafen zur Fahrt aufs Meer wir treiben,

laß noch ein Weilchen in einer vergessenen Schenke mich bleiben

und, wo mit Weinduft Tang und Teer und Erdöl sich mischen,

Todesmythen von urzeitlichen Wäldern und Fischen

als Vermächtnis auf leere Tische schreiben.“

(Aus: „Gebet am Strom“)

Wir sind nicht so spitzfindig, aus diesen Zeilen Christine Bustas — die kürzlich sehr zu Recht einen staatlichen Förderungspreis für Lyrik erhielt — eine Art kurzgefaßten Dichter-Selbstporträts herauslesen zu wollen. Wir meinen aber, daß in ihnen all das enthalten ist, was für die Gedichte dieser so preiswürdigen Dichterin charakteristisch ist: die breit ausladenden Verse, die aus einem echten Überfluß an Bildern kommen; die ungewöhnlich sorgfältige Verschränkung des Seh- und des Vorstellungsbildes; und nicht zuletzt der volle und vokalgesättigte Ton, der die Gedichte Bustas eigenartig und unverwechselbar macht.

Christine Busta ist heute keine Unbekannte mehr, wohl aber eine Ungedrucktes man schätzt sie als die beste unter den jungen Dichtern, was in Anbetracht dessen, daß es an tüchtigen jungen Dichtern durchaus nicht mangelt, gewiß eine große Anerkennung ist. Dennoch erfährt man von ihrem Schaffen nur aus gelegentlichen Zeitungsabdrucken, aus dem wenigen, das Anthologien bringen können, und aus den Vortragsabenden, die von immer denselben Liebhabern neuerer Dichtung besucht werden. Die Herausgabe eines eigenen Bandes ist Christine Busta bis jetzt nicht gelungen; bezeichnend für die trübselige materielle Lage, in die die neue Literatur verdammt wurde.

Schön und nachahmenswert handelte darum der Herder-Verlag, als er seinen Mitarbeitern und Freunden zu den Feiertagen des ausklingenden Jahres nicht eine der üblichen Glückwunschkarten ins Haus schickte, sondern eine literarische Gabe — eine kleine Broschüre nämlich, die neben den Gratulationen des Verlages dreizehn Busta-Gediohte enthielt, unter ihnen der schon berühmte „Gründon-nerstagengel“, der prächtige „Sermon vom Kamel“, und die unnachahmliche „Verwandlung“.

Eine Jahresausgabe, wie sie sich die Dichterin und ihre Freunde kaum schöner wünschen konnten.

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