Mahagonny ist mehr als ein Wort

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Bei sechs Produktionen arbeiteten Kurt Weill und Bert Brecht zusammen. Das erste Mal beim #Mahagonny Songspiel#, das letzte Mal bei #Die sieben Todsünden#. Eine gute Idee, beide Stücke zusammenzuführen. Denn bei aller Verschiedenheit # das #Mahagonny Songspiel# ist als szenische Kantate konzipiert, die #Sieben Todsünden# eine Ballettmusik # weisen sie mehrere Gemeinsamkeiten, vor allem eine Botschaft auf: Ohne Moral geht es nicht.

Da wie dort trifft man auf Amerika, Ausdruck des für das erste Drittel des vorigen Jahrhunderts typischen Amerika-Romantizismus. Denn amerikanische Goldgräber-Atmosphäre prägt das #Mahagonny Songspiel#, bei dem man am Schluss erfährt, dass es Mahagonny gar nicht gibt, es sich nur um ein Wort handelt, das Geschehen selbst, der Aufstieg und Fall dieser Stadt, ausschließlich Produkt der Fantasie ist. In den #Sieben Todsünden# wird man Zeuge einer siebenwöchigen Reise einer in zwei Identitäten gespaltenen Person, die in sieben große amerikanische Städte aufbricht, um mit Hilfe der sieben Todsünden Faulheit, Stolz, Zorn, Völlerei, Unzucht, Habsucht und Neid sich ein kleines Haus in Louisiana zu erarbeiten, ohne damit das ersehnte Glück zu erlangen.

Radikale Gesellschaftskritik

Aber nicht um Amerika geht es, sondern vor diesem Hintergrund um scharfe Kritik an einer Gesellschaft, die sich längst so sehr dem Götzen Mammon unterworfen hat, dass sie jegliche Schranken abgebaut hat, um das vermeintlich bessere Leben in größtmöglichem Wohlstand zu erreichen. Entsprechend doppelbödig, weil gleichermaßen geprägt von zündenden Rhythmen, jazzoiden Episoden, wie ironisch gefärbten Anklängen an Madrigale, ist Weills geniale Musik. Prompt wurde dies bei den jeweiligen Uraufführungen # beim Songspiel 1927 in Baden-Baden, bei den #Todsünden# 1933 im Pariser Théâtre des Champs-Élysées # mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Wer lässt sich schon gerne den Spiegel vorhalten?

In Zusammenarbeit mit dem Pariser Theater entstand auch dieser Abend im Theater an der Wien mit den sich auf Weill/Brechts Ironie virtuos verstehenden Interpreten. Angeführt von der mit prächtiger Stimme und ansteckendem Elan gleichermaßen als Jessie wie als Anna I überzeugenden Angelika Kirchschlager und den gleich den Damen im Stil der 1930er gekleideten, mit ebensolchem Spielwitz ausgezeichneten Herren Simeon Esper, Yves Saelens, Holger Falk und Graeme Broadbent in der auf viel Bewegung setzenden Regie von Juliette Deschamps.

Eine schräg über die Bühne führende gerasterte Holzwand, die anfangs von einem blauen Vorhang verdeckt ist, bildete die stimmungsvolle, auch Platz für Videoeinblendungen gebende Bühnenarchitektur (Nelson Wilmotte). Schwungvoll und straff führte Walter Kobéra das ORF Radio-Symphonieorchester Wien.

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