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Regie-Ikone trifft Tanz-Ikone: Mit "Pina 3D“ gelingt Wim Wenders eine atemberaubende Hommage an Pina Bausch. Und er führt 3D in den Arthaus-Film ein.

Manchmal läuft es nicht so, wie der Filmemacher sich ausgemalt hat. Oder er benötigt etliche Umwege, bis er zum Ergebnis gelangt. Und wenn der Betreffende Wim Wenders heißt, dann gibt er sich nur mit perfekter Filmsprache zufrieden.

Was aber ist die perfekte Filmsprache, die ästhetisch adäquate Form, wenn es darum geht, Tanz auf die Leinwand der Kinosäle zu bannen, genauer gesagt den Tanz. Denn es geht hier nicht um irgendeine Ballettaufführung, sondern um Pina Bausch: Was die Gründerin und Prinzipalin des Tanztheaters Wuppertal aus ihrer Company herausholen konnte, war phänomenal und legendär. Kein Wunder, dass Wim Wenders auf die Idee verfiel, der weltberühmten Truppe und ihrer Inspiratorin ein filmisches Denkmal zu setzen.

Denkmal für eine Tanz-Ikone

1985 hatte Wenders erstmals ein Programm der Wuppertaler gesehen, Pina Bausch & Co. hatten mit dem Stück "Café Müller“ in Venedig gastiert. Der Filmemacher und die Choreografin freundeten sich an - und begannen im Lauf der Zeit Pläne für einen Film zu wälzen. Doch Wim Wenders fand keine technisch-künstlerische Form, um dem dreidimensionalen, plastischen Geschehen der getanzten Szenen im Genre-Film gerecht zu werden. Erst als er 2007 bei den Filmfestspielen Cannes den 3D-Konzertfilm der irischen Rockband U2 sah, wusste er, dass er nun die technischen Mittel in die Hand bekommen konnte, um das Tanzgeschehen auch zum Kinoerlebnis zu machen. Und so entstand der Plan, mit dem ersten Arthaus-Film in 3D Pina Bausch zu würdigen.

Wim Wenders setzte sich seit damals mit der 3D-Technik auseinander. Pina Bausch wählte ihre Produktionen "Café Müller“, "Le sacre du printemps“, "Vollmond“ und "Kontakthof“ aus ihren Choreografien aus und setzte sie für die Saison 2009/10 auf den Wuppertaler Spielplan.

Als aber Pina Bausch am 30. Juni 2009, zwei Tage vor Drehbeginn, überraschend verstarb, war nicht nur der Schock in der weltweiten Fan-Gemeinde der größten Choreografin der Gegenwart greifbar, sondern auch das Filmprojekt von Wenders am Ende. Zumindest fürs Erste.

Ein Film für Pina Bausch

Aber doch nur scheinbar. Denn zum einen hatte Bausch mit ihrer Company die Programme bereits einstudiert. Zum anderen kristallisierte sich in die Trauer über Bauschs Tod hinein die Idee, statt einen Film mit Pina Bausch einen für sie zu machen. Und Wim Wenders unbändige Energie, sich an der für ihn neuen Technik zu versuchen, ließ tatsächlich den ersten "Kunstfilm“ in 3D Wirklichkeit werden. "Pina“ kann so als wegweisendes Opus des deutschen Regie-Stars gelten.

Wenders Gespür, dass man der Bausch und ihrem Wirken mit der 3D-Technik besser gerecht wird als mit den alten Formen der Filmsprache, trügt ganz und gar nicht: Scheinbar leichtfüßig schweben die Tänzerinnen und Tänzer durch den Saal, und da der Tanz ganz wesentlich von der Raumdimension lebt, war die Entscheidung für sie wesentlich - und richtig.

Im Zentrum des Films stehen die Szenen aus den genannten vier Produktionen, die nun auch eine Reverenz der Truppe für ihre Altvordere darstellen. Schon allein die Bewegungsabläufe etwa in "Café Müller“, zu welchen die Tänzerinnen und Tänzer da scheinbar leichtfüßig fähig sind, lassen den Atem stocken.

Und auch die Naturelemente wie Torf oder Wasser, mit denen Bausch in ihren Choreografien arbeitet, bringen etwa in Strawinskys "Frühlingsopfer“ zusätzliche Archaik, die ebenso fesselt wie beklemmt, das gilt auch für "Vollmond“.

Doch Wenders bringt weit mehr als die Wuppertaler Bühne ins Bild. Er platziert die Tänzerinnen und Tänzer in der Stadt mit seiner pittoresken Schwebebahn ebenso wie in der von den Halden des Kohletagbaus zerfurchten Landschaft, er lässt sie auch in großen Räumen improvisieren - und dann noch vor der Kamera über die Arbeit mit Pina Bausch erzählen.

Die Berührung eines Films

So wird gleichzeitig das Bild von der Arbeit mit Pina Bausch durch viele Stimmen und Kulturen (die Tanztruppe rekrutiert sich aus aller Herren Länder und über mehrere Generationen hinweg) in heftige Farben getaucht: Neben der Revolution der dreidimensionalen Darstellung ist Wim Wenders auch durch diese Erzählweise ein exemplarischer Zugang für eine Film-Hommage gelungen. Das alles kann mit dem Attribut "stilbildend“ versehen werden.

Und kaum ein Besucher von "Pina 3D“, wird sich solcher Berührung entziehen können. Schließlich hat Wim Wenders dann noch sorgsam ein paar Archivaufnahmen der Protagonistin in seinen Film hineingestellt. Zweidimensionale Dokumentaraufnahmen in den 3D-Film hineinzumontieren, war eine weitere - lohnende - Herausforderung für den Regisseur: flüchtige Augenblicke nur, welche die Begegnung mit der Tanz-Ikone, die dieser Film so großartig ermöglicht, abrunden.

Pina 3D

D 2011. Regie: Wim Wenders.

Filmladen. 100 Min. Ab 8. 4.

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