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Respektlos angefaßt

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Peter Gruber fand für die Schwechater Nestroyspiele eine interessante Linie: Texttreue bei den nach wie vor lebendigen Stücken und freier Umgang, Bearbeitung, Aktualisierung, Show- und Popelemente bei jenen, die man anders kaum mehr aushält. Im Volkstheater behandelte er nun die 1848 entstandene „Freiheit in Krähwinkel” wie ein Stück der zweiten Kategorie.

Was natürlich nicht zutrifft. Aber es ist ein seltsam unentschlossenes Stück. Endlich gab es keine Zensur -worauf Nestroy als sein eigener Zensor fungierte. Er hielt Wien den Spiegel vor - aber auf eine Weise, die ihn nach dem Zusammenbruch der Freiheitshoffnungen nicht zu sehr belasten sollte. Daher die sonst verwunderliche Inkonsequenz des Stücks.

Peter Gruber tat sich bei der Bearbeitung keinen Zwang an. Er nahm das Stück als Ausgangspunkt für aktuelle Rundumschläge, teilte nach allen Seiten aus, wurde aktuell und historisch, bemühte sich dabei aber nicht um Ausgewogenheit, und siehe da: Es entstand eine bösartige, ungemein unterhaltsame Revue, in der Ungereimtheiten korrigiert werden, in der man Wut abläßt und in der mehr vom Geiste Nestroys weht als in fünf schonenden Inszenierungen. Ein großartiger Volkstheater-Abend, der diesen Namen verdient.

Wermutstropfen ist streckenweise die schlechte Verständlichkeit. Vor allem die Couplets des prachtvollen Otto Tausig (Klaus) werden davon beeinträchtigt. Günter Franzmeier (Ultra) hat jene Aggressivität, die Franz Morak einst auf der Bühne verkörperte und im Parlament verlor.

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