"Über den Kirchturm hinausblicken"

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Der Erlacher Reinhard Posch über die Rolle des Pfarrgemeinderates und seine Funktion heute.

Die Furche: Herr Posch, Sie sind zur Zeit noch stellvertretender Vorsitzender des Pfarrgemeinderates in Erlach, einer Gemeinde in Niederösterreich. Aus welchen Gründen haben Sie damals kandidiert?

Reinhard Posch: Diese Gemeinde ist meine Heimat. Ich bin hier zur Schule gegangen, war bei der Firmung und habe in dieser Kirche geheiratet. Dadurch wollte ich Mitverantwortung trage und mich mehr in die pastorale Arbeit einbeziehen. Wir müssen auch unseren Beitrag leisten.

Die Furche: Der Pfarrgemeinderat ist für viele ein undurchschaubares Phänomen. Was steckt dahinter?

Posch: Die zwei wichtigsten Aufgaben sind die Beratung des Pfarrers bei der pastoralen Arbeit und die Überwachung des ordentlichen Ablaufs des Finanzhaushaltes. Der Pfarrgemeinderat ist auch Vermögensverwaltungsrat, das heißt, bei Finanzfragen haben die Mitglieder Mitsprache-und Beschlussrecht. Ansonsten hat der Pfarrer alleiniges Stimmrecht.

Die Furche: Kritische Stimmen meinen, dass dieses alleinige Entscheidungsrecht problematisch ist und die Institution Pfarrgemeinderat sinnlos macht.

Posch: Ich glaube, dass es problematischer ist, wenn Laien ein Stimmrecht haben, die nicht wirklich einen Einblick in das Kirchengeschehen haben. Auf diese Weise kann der Pfarrer seine Arbeit machen, aber im gemeinschaftlichen Sinn. Der Pfarrgemeinderat hat sehr wohl Sinn. Ohne ein solches Gremium kann eine Pfarrgemeinde auf Dauer nicht funktionieren. Der Pfarrer wäre vollkommen überfordert.

Die Furche: Die Tätigkeit im Pfarrgemeinderat ist ehrenamtlich. Das bedeutet viel Engagement, das finanziell nichts einbringt. Zahlt sich der Einsatz trotzdem aus?

Posch: Das Geld ist nicht wichtig. Es geht um die Zufriedenheit, wenn man eine Arbeit geschafft hat und sieht, dass sie gebraucht und gewürdigt wird. Unsere Tätigkeit ist vergleichbar mit der Arbeit bei der Feuerwehr oder Rettung. Man hilft anderen, da ist das Materielle Nebensache.

Die Furche: In den letzten Jahren konnte eine größer werdende Resignation gegenüber der Kirche festgestellt werden, vor allem bei der Jugend. Wie kann der Pfarrgemeinderat dem entgegenwirken?

Posch: Viele Menschen haben eine Gottesbeziehung, aber sie haben keine zum Bodenpersonal. Wir müssen in der Pfarre über den Tellerrand, oder besser gesagt über den Kirchturm hinausblicken. Bei unseren Aktionen versuchen wir pfarrübergreifend zu handeln. Dadurch machen wir die Menschen auf uns aufmerksam.

Reinhard Posch ist Abteilungsleiter für Buchhaltung und Pfarrfinanzen der Erzdiözese Wien. Das Gespräch führte Sonja Wiesbauer.

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