Wein, Weib und Waffen

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In der Toskana wurde das "Jahr der Etrusker" ausgerufen - ein Volk, das schon vor 3000 das Dolce vita pflegte.

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In der Toskana wurde das "Jahr der Etrusker" ausgerufen - ein Volk, das schon vor 3000 das Dolce vita pflegte.

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Wer spontane Lebensformen liebt, sollte die Etrusker aufsuchen.", sagte der Schriftsteller D.H. Lawrence ("Lady Chatterly"). "Ich finde, daß alle etruskischen Sachen etwas Schönes haben, eine besondere Grazie", sagt Luigi Silvestri, ein einfacher Bauer aus Tarquinia, der bedeutendsten Etruskerstadt. Was beide meinen, gehört zur Suche nach den Wurzeln unserer Existenz; zur Suche nach der tieferen Geborgenheit für den Menschen, nach der unverletzten Einheit von Körper und Seele.

Rund 6000 erforschte Gräber, entstanden zwischen dem 8. und dem 3. Jahrhundert v. Chr., prägen heute noch die Umgebung ehemaliger etruskischer Siedlungen in Italien. Zum "Jahr der Etrusker" wird nun das Bild dieser Welt in Museen und Grabstätten der Toskana als projetto etrusco neu und groß präsentiert - ein einmaliges Abenteuer.

Einen kleinen, aber wichtigen Einblick in diese Welt vermittelt die Etruskersammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien. Vielleicht bekommt die etruskische Kunst dem modernen Empfinden besonders nahe. Die gesellschaftliche Struktur hat sich seit damals kaum verändert. Es gab die Reichen und Superreichen, es gab den Mittelstand und die Armen. Hier sprechen wir von den Ersteren: dem Priesterkönig (Lucumon) an der Spitze jeder Stadt des Zwölfstädtebundes, der Aristokratie (Blutadel und Amtsadel), und der reichen Oberschicht. Etruskische Manager schufen die wirtschaftliche Basis. Sie waren hervorragende Agraringenieure, Hydrologen, Exporteure, Verwaltungsexperten. Und sie wußten zu leben: Was sie nicht selbst herstellen konnten, importierten sie aus Griechenland, Ägypten, Syrien, Phönikien und aus dem Norden. Sie fabrizierten selbst Luxusartikel aus Eisen, Bronze und Gold. Sie importierten Künstler und exportierten, unter anderem, Waffen und Wein.

Man kann es in Tonreliefs und Gräberfresken nachprüfen: Athletische Spiele, Jagd und Fischfang wechselten mit großen Banketten, bei denen Sklaven gebratene Wildschweine und Hirschen servierten. Dieses "modern living" der damaligen Gesellschaft wurde wohl auch als Jenseitsvorstellung in den Grabkammern der Fürsten dargestellt, aber es war ein Abbild des Lebens der Herrschenden.

Wie bei den Griechen, deren Kultur dieses Volk wohl am stärksten beeinflußt hat, gab es Tanz und Musik: Jagdhorn und Krummhorn, die siebensaitige Khitara, Kastagnetten sowie (aus Kleinasien stammend) Flöte, Klarinette und Oboe. Aber es gab einen Unterschied: die Frau nahm, im Gegensatz zu Griechenland, gleichberechtigt an den Festgelagen teil. Sie hatte eine Sonderstellung und sie war modisch. Sie trug enganliegende Kleider, dazu den "Chiton", einen mantelartigen Überwurf in lebhaften Farben und den "Tutulus", eine runde Kappe (wie sie schon bei den Hethitern, 1.000 Jahre vorher, modern war). Dazu spitze Schuhe. Das sind Modedetails, die auch in unserer modernen Welt Nachahmung gefunden haben.

Daß die etruskische Gesellschaft nach einigen Jahrhunderten zerfiel, daß die letzte Etruskerstadt Volsinii 264 v. Chr. erobert wurde und daß das etruskische Volk schließlich von den stärkeren Römern assimiliert wurde, das ist eine andere Geschichte ...

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