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Sprachliche Experimente in Tirol

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Dada in Österreich heißt vor allem Dada in Tirol, möglicherweise „weil die Wiener“, wie Autor Thomas Milch vermutet, „mit Karl Kraus ohnehin schon völlig bedient waren!“.

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Dada in Österreich heißt vor allem Dada in Tirol, möglicherweise „weil die Wiener“, wie Autor Thomas Milch vermutet, „mit Karl Kraus ohnehin schon völlig bedient waren!“.

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Hans Ernst verbrachte 1921 mit seiner Familie den Urlaub in Tarrenz bei Imst; Tristan Tzara, Hans Arp und Sophie Taueber folgten. Das Naturerlebnis hinterließ künstlerische Spuren: Fotocollagen der Tiroler Bergwelt, versehen mit dynamischen Titeln wie „Im Donnerstein die schöne Schleudertrommel dröhnt unbewußt im lautlosen Raum“, Frottagen von Max Ernst und schließlich eines der letzten Manifeste der Gruppe „Dada au grand air/Der Sängerkrieg in Tirol“.

Noch einen zweiten Sommer, 1922, verbrachten die Dadaisten in Tirol, doch die Zersplitterung der Gruppe war nicht mehr aufzuhalten. Für die einen war Tirol ein „Reservoir archaischen Lebens“ für die anderen „Dekor, und übergroße Idylle“ zurückgekehrt in die Großstadt hielt Tzara Ende September in Paris eine Grabrede auf Dada.

Raoul Schrott, Schriftsteller, Sekretär des Dada-Künstlers Philippe Soupault, Herausgeber zweier künstlerisch gestalteter Dada-Bände gab gemeinsam mit Günter Dankl den vorliegenden Band. Versehen mit dem Prädikat „Vorsicht Museumskunst“ beinhaltet das schön gestaltete Buch 14 wissenschaftliche Beiträge zur Spurensicherung des Dadaismus in Österreich. Von Kraus, Kokoschka, Serner, Oppenheimer zu Rühm, Achleitner, Gappmayr werden Verbindungen und Affinitäten dargelegt. Die Autoren unternehmen gründliche Rekonstruktionen weitgehend vergessener und verdeckter Spuren damaliger Aktivitäten, das Verhältnis zu Psychoanalyse und Surrealismus, Beiträge zur Person einzelner Künstler (etwa Max Oppenheimer, der nun auch im Jüdischen Museum gewürdigt wird).

Der Untertitel „Hundert Jahre DADA in Österreich“ in einem Zeitraum von 1907 bis 1970 mag den erstaunlichen Zufällen des Dada gerecht werden; das letzte Treffen der Dadaisten in Tirol muß jedoch 1922 und nicht 1992 gewesen sein, und das mit fünfjähriger Verspätung angegebene Todesjahr von Konrad Bayer 1969 kann wohl auch nur ein (Druck?)-Fehler sein.

DADAUTRICHE 1907-1970

Hundert Jahre D/1D.4 in Österreich.

Von Günther Dankl und Raoul Schrott.

Haymon Verlag, Innsbruck 1994. 208 Seiten, viele SW-Abbildungen, öS 690,-.

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