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„Ein Traurnspiel” und „Autobus S”

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Theater am Belvedere: 1901 schrieb das „Gehirn zu Pferde” (Hamsun) August Strindberg ein kühnes Werk, von dem Generationen von Dramatikern bis herauf zu den Absurden profitieren sollten. „Ein Traumspiel” hatte ein ganzes Register neuer Formmöglichkeiten mobilisiert, Assoziationen, Sprunghaftigkeit. Improvisation und Unlogik aufgenommen und zu einer phantastischen Vision vom Mitleid mit dem Menschen gestaltet. Indras Tochter, die Göttliche, muß die fruchtlosen Bemühungen, das Elend der Erdenbewohner erkennen. „Es ist schade um die Menschen”, zu dieser Überzeugung kommt sie bald und nimmt Abschied von ihnen: „Oh, nun kenne ich des Daseins ganzes Leid, weiß nun, wie schwer es ist, ein Mensch zu sein …” — Für ein so kleines Theater wie das am Belvedere war die Aufführung dieses Stückes ein Wagnis, und die Transponierung des Traumspiels, das für seine Imagination eigentlich eine große Bühne veęlangt,H?u einem Kammgrspiel ein Experiment, das nicht völlig glücken konnte. Aber man hatte neben gutem Willen und allen möglichen Unzulänglichkeiten eines anzubieten, was die Realisierung des Experimentes rechtfertigt — ein Konzept. Durch Kürzen, Komprimieren und durch die von den Umständen’ erzwungene Einheitlichkeit und Statik arbeitete der Regisseur Trimbert Ganser bemerkenswerte Aspekte heraus. Letzten Endes auch einen sehr interessanten Abend, obwohl die Schauspieler Strindberg einiges schuldig blieben.

Die Arche: Als eine österreichische Erstaufführung brachte man in der Ebendorferstraße eine dramatisierte Fassung der Stilübungen „Autobus S” von Raymond Queneau. Aus den 99 literarischen Taschenspielertricks und Bravourstückeln im sprachlichen Freistil des 63jährigen Avantgarde- Altmeisters wurden 29 bühnenträchtige, zum Teil brillante Kostproben unter der Regie von Paul Kruger zu einem selten amüsanten Abend gestaltet. Wenn man davon absieht, daß Kostüme und Bühnenbild einen fatalen Hang zum Dilettantischen zeigten (hier machte man es sich leider zu einfach), überraschten vor allem zwei Dinge: die Auswahl des „Stückes”, die endlich wieder einmal das zeigte, was man sich, von einer guten Studentenbühne erwartet, und schauspielerische Leistungen, welche die Erwartungen von einer solchen eindeutig überbieten. Die geistvollen Fingerübungen als Variationen über Banales sind ein schöner Erfolg der Arche.

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