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Abschied von Absolon

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Kurt Absolon ist tot. Am 26. April, zwei Tage, nachdem ihm der Theodor-Körner-Preis verliehen worden war, ist er nach einem Autounfall am Ortsende von Wulkaprodersdorf, nahe dem Neusiedler See, gestorben. Er war im Februar 33 Jahre alt geworden.

Die letzte Ausstellung seiner Graphiken fand vor Weihnachten in der Galerie Würthle statt. Es waren Stierkampfblätter aus Südfrankreich, schwarze Szenen aus Pariser Cafes und helle Wiener Landschaften — in seiner knappen, nervösen Handschrift aufs Zeichenblatt gebannt.

Wir wissen heute noch nicht, wen wir in Kurt Absolon verloren haben. Er arbeitete in der Stille. Vieles bereitete sich bei ihm vor, was er noch nicht in Ausstellungen der Oeffentlichkeit zugänglich machen wollte. Er kannte keine Hast. Er gehörte zu keiner jener Cliquen, die nicht laut genug schreien können, um über die Unzulänglichkeit ihrer Kunst durch Anmaßung hinwegzutäuschen. Er hielt sich fern von allem Betrieb. Und nun ist er uns so unerreichbar fern.

Als Mensch war er von großer Lauterkeit und Vornehmheit. Er lebte anonym. Es ärgerte ihn, wenn ein Kritiker anerkennend hervorhob, daß er jahrelang, sechs Jahre lang, Hilfsarbeiter und Laufbursche war, um geistig unabhängig zu bleiben und in den wenigen freien Stunden für sich das zu zeichnen was er wollte. „Was hat das mit meinen Zeichnungen zu tun?“ tagte er. Nur auf sie kommt es an.“

Toten rühmt man alle guten Eigenschaften nach — aber wer wüßte einen seiner, unserer Generation, um den uns mehr leid lein müßte als um ihn?

Am 2. Mai, einem der ersten warmen Frühlingstage, wurde Kurt Absolon auf dem Friedhof in Hetzendorf begraben. Er hinterläßt Frau und Kind. — Seine Blätter werden, wie die eines anderen Frühverstorbenen, Egon Schiele, einmal als Kostbarkeiten der Galerien und Sammlungen gelten.

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