6753425-1967_37_03.jpg
Digital In Arbeit

Die Bischöfe: Administratoren der Kirche

Werbung
Werbung
Werbung

Diese keineswegs milde Kritik des Protestanten Cox wurde von der des Katholiken Jade Cook noch übertroffen. Cook ist Mitglied des „Catholic Worker Movement“, einer unorthodoxen und — im Gegensatz zu den katholischen Arbeiterbewegungen Europas — von der Hierarchie unabhängig geführten Vereinigung, deren Wochenzeitung „The Catholic Worker“ immerhin eine Auflage von 90.000 Stück hat. Dorothy Day, eine bekannte Pazifistin, leitet die Redaktion der Zeitung. Das Haus der „Catholic Worker“, in dem ich Cook traf, steht in der Christie Street im New Yorker Elendsviertel East Village. Es ist ein Haus, das allen offensteht, in dem die Ärmsten der Armen Verpflegung und Unterkunft erhalten können. Das „Catholic Worker Movement“ verbindet die Forderung nach „radikaler Christianität“ mit einem kompromißlosen Pazifismus, der bei den Bischöfen nur auf wenig Gegenliebe stößt. „Die Bischöfe sind in

ihrer Mehrzahl die Administratoren der Kirchen und Schulen“, sagte Cook. Das katholische Schulsystem wurde von ihm in diesem Gespräch besonders scharf kritisiert: „Ein Kind, das in eine katholische Schule geschickt wird, verläßt die Schule mit einer seelischen Verwundung.“

Wie wird die amerikanische Kirche der Zukunft aussehen? Ist die Aktivität des „Catholic Worker Movement“, in dessen Programm noch die Ziele eines Antikapitalis-mus sozialromantischer Prägung („Zurück zu den Farmen“) zu finden sind, wirklich zukunftsweisend? Wann hört die Kirche in den USA auf, eine „Kirche der Emigranten“ zu sein? Fragen, auf die es noch keine Antwort gibt.

Modellfall Kalifornien

Wie die Zukunft der Vereinigten Staaten aussehen wird, kann man am besten in Kalifornien studieren. Der bevölkerungsreichste Staat der USA ist in vieler Hinsicht ein

Modell für die Zukunft, nicht nur weil die Wachstumsindustrien der Zukunft (Weltraum-, Elektronik-, Flugzeugindustrie) ihre Zentren an der Westküste haben Kalifornien ist vor allem als Land der politischen und der ,. kulturellen Polarisierung ein besonders interessantes Studienobjekt. ,

Kalifornien ist' der Staat, in dem die „Neue Linke“ sich durch ihre starke Verankerung in der Studentenschaft von Berkeley ihr wichtigstes Zentrum geschaffen hat; gleichzeitig ist Kalifornien der Staat, in dem die „Neue Rechte“ nach Gold-waters vernichtender Niederlage durch den Wahlsieg Ronald Reagans wieder Morgenluft fühlen kann. Es sind zwei politische Extreme, die einander hochspielen: Die lautstarken linken Studenten und die Rassenunruhen (wie die von Watts 1965) beunruhigen die an Ruhe gewöhnten Bürger, die sich dann dem in die Arme werfen, der gegen die „Roten von Berkeley“ einzuschreiten verspricht. Der Erfolg des großen Vereinfachers Reagan drängt die

Linke wiederum in eine noch isoliertere Oppositionsstellung.

Kalifornien ist aber auch der Staat, in dem das Kitsch- und das Kulturbedürfnis der Amerikaner am schärfsten aufeinanderprallen: In Los Angeles konnte eine so ungeheuerliche Geschmacklosigkeit wie der durch Evelyn Waughs „Tod in Hollywood“ weltberühmt gewordene

Friedhof von Glendale entstehen; und in derselben Stadt wurden in den letzten zwei Jahren ein wunderschönes „Museum of Art“ (Kostenpunkt 35 Millionen Dollar) und ein ebenso gelungenes Theaterzentrum (mit drei großen Theatergebäuden) errichtet, ausschließlich durch private Spendenaktionen finanziert. In das neue Museum ergießt sich täglich ein Besucherstrom, wie man ihn von Europa her nicht gewöhnt ist. Die Theater spielen fast immer vor

ausverkauftem Haus. In den Theaterprogrammen aber wird den kulturbeflissenen Besuchern in ganzseitigen Inseraten der Vorschlag unterbreitet, sich heute schon eine standesgemäße Einbalsamierung und Beisetzung im Friedhof von Glendale zu sichern ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung