6720612-1965_11_04.jpg
Digital In Arbeit

HANS GAMPER / EIN FREUND IN TIROL

Werbung
Werbung
Werbung

„Furche“-Leser Romay aus Tirol war es, der in einem Leserbrief der Redaktion mitteilte, daß die Bundeshauptstadt sehr wohl Freunde — gar nicht so wenige übrigens — im traditionell föderalistisch eingestellten Tirolerland habe („Die Furche“, Nummer 10/1965). Einer von ihnen, der übrigens diese Freundschaft immer wieder unmißverständlich betone, sei der Landeshauptmannstellvertreter Dr. Hans Gamp er.

Der Innsbrucker Journalist Dr. Manfred Nayer nannte diesen Dr. Gamper neben Landtagspräsident Johann Obermoser die letzte große Parlamentariergestalt des alten Schlages im Tiroler Landtag, die sowohl die Tugenden, als auch die Schattenseiten dieses Parlamentariertyps hätte. „Eine Besonderheit spielt dabei sein Gedächtnis. Er kann alles versprechen, einem dabei wie ein treuer Eckart in die Augen schauen, und doch hat er alles vergessen, sobald er sich nur umdreht. Diese von ihm bis zur Perfektion verfeinerte Eigenschaft gibt ihm eine faszinierende geistige Beweglichkeit. Denn bei all seinem Denken ist er nicht darauf angewiesen, zwischen Verhärtungen des Gedächtnisses, wie Versprechungen sie eigentlich sein sollten, bis sie erfüllt werden, hindurchfinden zu müssen. Als passionierter Historiker hat er sein Gedächtnis so vollgeladen mit Daten und sonstigem Wissen seines Faches, daß für die im politischen Leben situationsbedingt abgegebenen Versprechungen eben kaum Platz bleibt.“ Dabei schien dem Arztsohn aus Kappl im Paznauntal — wo er am 27. Februar 1890 geboren wurde — ein ganz anderer Weg als der in die Politik vorherbestimmt:

Nach dem Besuch des Vincentt-nums in Brixen und der Innsbrucker Universität legte Hans Gamper die Lehramtsprüfung für Mittelschulen — und zwar für zwei verschiedene Fachgruppen! — ab.

Mit dem Innsbrucker Standschützenbataillon I zog der junge Professor ins Feld, von wo er 1918 hochdekoriert an das Innsbrucker Gymnasium und an die Lehrerbildungsanstalt zurückkehrte. Unzähligen Tiroler Lehrern und Lehrerinnen war er in diesen Jahren ein einflußreicher Ausbildner, der im Geschichtsunterricht die Liebe zu Tirol und zur größeren Heimat Österreich in die Herzen seiner Schüler zu pflanzen suchte.

„Wohin steuern wir?“ hieß das Buch Dr. Gampers, mit dem er 1925 den Schritt in die Politik wagte. Im selben Jahr wurde er in den Landtag gewählt, schon zwei Jahre später gehörte er als Mitglied der Tiroler Landesregierung an.

Politische Verfolgung blieb Dr. Gamper nicht erspart, freilich nicht erst unter Hitler. Auch der Heimwehr war der Initiator des „Arbeiterbundes“, der politisch selbständigen Arbeiterpartei innerhalb der Tiroler Volkspartei, ein Dorn im Auge. Die Märztage des Jahres 1938 sahen den Landesrat Gamper unter den ersten Verhafteten: die Gefängnisse von Innsbruck, München, schließlich das Konzentrationslager Dachau waren die nächsten zwangsläufigen Stationen seines Lebens.

Nach der Befreiung Innsbrucks durch entschlossene Tiroler Widerstandskämpfer wird Doktor Gamper Mitglied der provisorischen Landesregierung, bald darauf wieder in den Landtag gewählt. Doch das Nebeneinander von Pädagogik und Politik' vertrug sich nicht: Noch vor Erreichung der Altersgrenze schied Dr. Gamper aus dem Schuldienst aus, um als Kulturreferent dem Land ganz zur Verfügung zu stehen. Sicherlich, auch Dr. Gamper hat Kritiker. Doch auch die Kritiker nennen ihn — in den Gratulationsartikeln zum Fünfundsiebziger taten sie's wenigstens — einen großen Tiroler. Und wünschten ihm Glück für sein weiteres Wirken, in stillen Stunden bei seinem Bienenstöcken unter anderem.

Daß der Politiker Gamper „gelernter“ Historiker ist, mag ein Zufall sein. Doch in Tirol, im traditionsbewußten, geschichts-stolzen „Land im Gebirg“, ist so etwas weit mehr als ein Zufall.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung