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Hammer am Ambob der Zeit

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Die Einheit Tirols und der deutsche Charakter Südtirols waren ungefährdet, als der Schmiedesohn Michael Gamper, aus altem bäuerlichem Geschlecht der Deutschgegend in Nonsberg, im weite Schau über das Etschtal von den Oetztaler Gipfeln bis zu den Schroffen des Rosengarten und Latemar bietenden Mittelgebirgsdorf P r i s s i a n am 7. Februar 1885 geboren wurde. Im duldsamen und einander förderlichen Gedankenkreis Altösterreichs erwarb er am Meraner Benediktinergymnasium und in der Theologie zu Trient und Innsbruck seine Bildung, die er emsig erweiterte, verallgemeinerte. Zum Priester geweiht, lernte er in den Jahren 1908 bis 1914 als Seelsorger in der Ueberetscher Gemeinde Girlan, in der Sprachinselgemeinde Ältrei, in der Unterlandgemeinde Leifers, im Eisacktaler Mittelgebirgsdorf Barbian und Bozener Vorort Kardaun die Lebensprobleme der Südtiroler Bevölkerung kennen. Als ihm 1914 das Niederthorsche Kanoni-kat an der Bozener Kollegiatpfarrkirche verliehen wurde, übernahm er auch für viele Jahre hinaus den Religionsunterricht und wurde so zum Erzieher vieler Jahrgänge von Boznern und Boznerinnen.

Als 1918 gegen den Willen der Bevölkerung unter Mißachtung des in den Menschenrechten und im italienischen Ideal des Risorgimento verankerten Grundsatzes der Selbstbestimmmung Südtirol Italien überantwortet wurde, da schlug die Stunde der Berufung für Michael Gamper. Prälat Dr. Aemilian Schöpfer bewog den für die Pressearbeit aufgeschlossenen jungen Kanonikus zum Eintritt in die Redaktion des „Volksboten“, und als die Verlagsanstalt Tyrolia wie das Land sich spalten mußte, wurde Michael Gamper 1920 Präsident ihres Südtiroler Zweiges. Mit der Bedrückung Südtirols mehrte sich die Arbeitslast und die Verantwortung für Michael Gamper. Aus der Tyrolia wurde der Verlag Vogelweider und, als auch dieser Name verboten wurde, die Verlagsanstalt Athesia. Als der Tageszeitung „Der Tiroler“ der Name untersagt wurde, erschien er als „Der Landsmann“ weiter und als dieser eingestellt werden mußte, gestaltete Gamper das ursprüngliche Sportblatt „Dolomiten“ zum Tagblatt der Südtiroler aus, das nun im 33. Jahrgang erscheint. Dem Wochenblatt „Der Volksbote“ aber gesellte er die Kirchenzeitung „Sonntagsblatt“, die Standeszeitungen „Die Frau“, „Der kleine Postillon“ und „Jugendwacht“ und die heimatkundliche Monatsschrift „Der Schiern“; überdies wurde er zum Kalendermann der Südtiroler Ausgabe des „Reimmichl-Kalender“. Dazu baute er die Verlagsanstalt und die Druckerei aus, modernisierte die Athesia-Buchhandlungen und richtete Volksbüchereien ein, veröffentlichte Südtiroler Publikationen und schrieb selbst zum großen Herz-Jesu-Jubiläum Tirols den Band „Tirol im Jubeljahre des Bundes“. So schwierig auch die Zeiten waren, er rettete das Verlags- und Pressewesen durch alle Fährnisse und fand immer wieder Wege, auch nach Untergang drohenden Unterbrechungen, das Werk weiterzuführen und es schließlich zu jener Größe und Bedeutung zu bringen, in der es sich heute präsentiert. *

Papst Pius XII. sandte Kanonikus Gamper kurz vor dessen Tod noch den Apostolischen Segen.

OeVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler Ing, Raab richtete an den Obmann der Südtiroler Volkspartei ein Beileidstelegramm, in dem es u. a. heißt: „Mit dem gesamten Südtiroler Volke betrauern wir das Hinscheiden dieses aufrechten Streiters.“ Auch der Tiroler OeVP-Obmann Na tionalrat Dr. Oberhammer und der Bürgermeister von Innsbruck, Dr. G r e i t e r, sandten Beileidstelegramme. Kanonikus Gamper wird am Donnerstagnachmittag in Bozen beerdigt werden,

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