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DR. SILVIUS MAGNAGO SÜDTIROLS FÜHRENDER KOPF

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Der Wille, sich nicht unttrkriegen zu lassen, beherrscht den großgewachsenen, schlanken Mittvierziger heute genau so wie damals, 1943, als er erst vierzehn Tage nach seiner schweren Verwundung in ein ordentliches Lazarett kam. Heute allerdings ist dieser Wille auch stellvertretend für die ganze Südtiroler Volksgruppe, deren bedeutendster Anwalt er ist. „Die beste und die sicherste Gewähr aber für die Erhaltung unserer Existenz liegt in uns selbst und hängt von unserem Widerstandswillen, Selbsterhaltungstrieb und von der Ausdauer ab, die wir darin zeigen.“ So postulierte er auf der Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei in Bozen, die ihn jetzt wiederum zum Parteiobmann gewählt hat.

In seinem Tätigkeitsbericht nannte Doktor Magnago den Volkswohnbau „den Prüfstein für den guten oder schlechten Willen der italienischen Regierung“. Die Formulierung berührt einen wunden Punkt Südtirols. Mit der Verweigerung der Zuständigkeit der Südtiroler Landesverwaltung auf diesem Gebiet bewies Italien, daß es das Instrument der pausenlosen Zuwanderung von Süditalienern seit vierzehn Jahren nicht aus der Hand geben will. Magnagos politisches Debüt begann interessanterweise zu jenem Zeitpunkt — es war 1947 als die italienische Zuwanderung nach Bozen größte Ausmaße angenommen hatte. Er wandte sich damals sehr scharf gegen sie. Mit jenem Air der naiven Treuherzigkeit, das schon manch kluge Leute arg in die Irre geführt hat, behaupten die Italiener, sie seien eigentlich Wohltäter, wenn sie in Bozen Wohnungen bauten. Indes, gleich dem trojanischen Pferd, aus dessen Bauch die fünfte Kolonne der Griechen kroch, entleeren sich unaufhörlich Autobusse aus dem Süden mit arbeitslosen Italienern, die in Bozen Wohnung und Arbeit bereit finden. Südtirol wird dadurch eines Tages auf diesem Weg völlig italianisiert sein.

Silvius Magnago, Sohn eines k. k. Landesgerichtsrates, gebürtigen Trientiners, und einer Vorarlbergerin, kam am 5. Februar 1914 in Meran zur Welt. Nach dem Gymnasium in Bozen besuchte er das Mekka aller Juristen, die Universität Bologna. Er ist juristisch quasi „erblich belastet“, war doch ein Onkel Gerichtspräsident in Vicenza, ein zweiter, Dr. Ferdinand Keller, Senatspräsident in Wien.

Nach seiner Promotion leistete er seinen Militärdienst im italienischen Heer. Von der Reserveoffiziersschule Palermo kam er zum 1. Grenadierregiment nach Rom. Hitlers Verrat an Südtirol ließ ihn, wie viele andere, für Deutschland optieren. 1942 holt ihn die Wehrmacht, ein Jahr darauf heiratet er eine Rheinländerin, die er in Rom kennengelernt hatte. Im Brückenkopf Nikopol wird er als Leutnant der Gebirgsjäger schwer verwundet, wird siebenmal operiert, verliert ein Bein. 1945 steht er und seine Frau, die heute eine beliebte Sprecherin am Bozener Rundfunk ist, vor dem Nichts. Die in Niederösterreich eingerichtete Wohnung ist verloren.

Der Neubeginn war schwer. Dr. Magnago begann mit Uebersetzungen, arbeitete für das Ministerium für Nachkriegsfürsorge in Bozen, ist eine Zeitlang Sparkassenbeamter. Dann folgte, erleichtert durch die Zweisprachigkeit, das juridische Wissen und eine eminente rednerische Begabung, der Sprung in die Politik. Die Südtiroler bekommen mit ihm den richtigen Mann für ihre Interessen. 1948 wird er in den Gemeinderat gewählt, der ihn zum Vizebürgermeister der Stadt (1948 bis 1952) wählt. Später bekleidet er die Posten eines Landtags- und Regionalratspräsidenten. Damit stand erstmals ein Südtiroler einem Gremium vor, in dem die Italiener eine Zweidrittelmehrheit besitzen. Die Sachlichkeifund der politische Elan des führenden Kopfes der Südtiroler Volkspartei wird auch von den Italienern anerkannt. Errang er doch 1949 im Bozener Unterland, in Orten, in denen nur 20 Prozent Südtiroler leben, für die Volkspartei mehr als die Hälfte aller Stimmen.

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