6834240-1975_05_04.jpg
Digital In Arbeit

Alle Macht bleibt bei Magnago

Werbung
Werbung
Werbung

Es steht fest: auch in den nächsten drei Jahren wird in Süddtlrol alle Macht auf einen Mann konzentriert sein — auf Silvius Magnago. Als der politische Heros der Südtiroler 1971 erklärte, er werde künftig auf eines seiner beiden Ämter (Landeshauptmann oder Parteiobmann der SVP) verzichten, zweifelte man südlich des Brenners zwar nicht an der Redlichkeit dieses Vorsatzes, doch rechneten wahrscheinlich nur wenige damit, daß dieses „regionale Unglück” passieren könnte. Die politische Autorität Magnagos innerhalb der deutschen Sprachgruppe — und darüber hinaus — ist nun einmal so überragend, daß der überwiegende Teil der Südtiroler eine Politik ohne diesen Mann der „ausgledchendeh Härte” tatsächlich als eine ernsthafte Verunsicherung empfinden würde. Zumindest heute noch. Diese Auffassung ist auch nicht ganz unbegründet, denn zur Zeit hat wirklich kein anderer die Südtiroler Politik so in der Hand wie Silvius Magnago und der Kampf um die Erfüllung des „Autonomie-Paketes” ist noch immer nicht ganz ausgefochten.

So kam es, daß die Mitglieder des SVP-Parteiausschusses auf der jüngsten Sitzung alle ihre in letzter Zeit aufgetauchten Änderungsgedanken über Bord warfen und sich mit zwei Drittel Mehrheit für die seit 17 Jahren bewährte Machtkonzentration entschieden. Landeshauptmann Magnago wurde in einer schriftlichen Resolution zur Wiederkandidatur für die Obmannstelle auf der Landesversammlung am 8. März 1975 auf gefordert. Der nunmehr Sechzigjährige erklärte sich hiezu grundsätzlich bereit. Er tat dies sicher aber offenbar nicht aus Machthunger, sondern in Anerkennung einer außergewöhnlichen Situation.

Unter der großen Mehrheit seiner Befürworter befinden sich nämlich einige seiner erbittersten Gegner von einst, so die beiden Landesräte Alfons Benedikter und Sepp Mayr, sowie der SVP-Fraktionsführer im Landtag, Hugo Gamper. Es bleibt nun abzuwarten, ob Magnagos Gegenkandidat, Senator Peter Brügger, aus der neuen Lage die Konsequenzen ziehen wird und auf seine Kandidatur verzichtet oder sich auf ein schier aussichtsloses Rennen einläßt.

Obwohl schon oft aus eigenen Reihen angefochten, steht Magnago heute stärker denn je da. Man kann daraus die Annahme ableiten, daß den meisten Südtirolern letztlich doch die politische Geschlossenheit mehr wert ist als das Wagnis zum Experiment Silvius Magnago ist für die deutsche Bevölkerung des Tiroler Südens immer noch der sicherste Garant für alle weiteren Entwicklungen.

Am Experiment scheiterte schließlich auch der kürzlich von seinem Posten als Abgeordneter der Sozialdemokratischen Partei Südtirols (SPS) zurückgetretene Hans Dietl. Der angegriffene Gesundheitszustand mag den Abschied Dietls von der politischen Bühne beschleunigt haben, der auslösende Grund dürfte jedoch eine schwere Auseinandersetzung mit seinem jetzigen Nachfolger, Alfons Rigott aus Kaltem, gewesen sein. Auseinandersetzungen führten vor Jahren auch zu seinem Ausschluß aus der SVP, als deren Spitzenfunktionär er zwei Legislaturperioden lang in der Abgeordnetenkammer in Rom saß. Genauso wie Magnago war Dietl stets ein zäher Kämpfer für die Rechte der deutschen Bevölkerung Südtirols, nur war er kompromißloser, unbeugsamer als sein einstiger Parteifreund. Diese starre Haltung führte ihn in den kritischen sechziger Jahren vor die Gerichtsschranken von Mailand, kostete ihn die Mitgliedschaft in der Südtiroler Volkspartei und trieb ihn schließlich in die politische Isolierung. Das Beispiel Dietl zeigt, daß es in Südtirol nach wie vor äußerst unergiebig ist, sich außerhalb der „Edelweißliste”, dem Sammelmodell der SVP, politisch zu gruppieren. Der Drang zur politischen Geschlossenheit aus Gründen der ethnischen Selbsterhaltung ist aber in der Bevölkerung nach wie vor noch vorherrschend.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung