Trauer um den Staatsmann Silvius Magnago

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Am 25. Mai ist ein großer Südtiroler, ein österreichischer Patriot und ein Staatsmann von europäischen Dimensionen von uns gegangen. Das Land Tirol, sein Vaterland Österreich und Europa sind Silvius Magnago zu Dank verpflichtet.

Sein bleibendes Werk ist die umfassende Autonomie, die er als Landeshauptmann und Chef der Südtiroler Volkspartei in zähen Verhandlungen Rom abringen konnte. Sie ist heute das Erfolgsmodell europäischen Volksgruppenschutzes und wird weltweit als Vorbild gewürdigt. Dabei war diese Autonomie nie unbestritten: Die Südtiroler Volkspartei (SVP), die frei gewählte Vertretung der österreichischen Minderheit, konnte sich bei der Landesversammlung am 23. 11. 1969 in Meran erst nach 14 Stunden Debatte und mit einer knappen Mehrheit der 1000 Delegierten dazu durchringen. Auch heute noch gibt es eine lautstarke Minderheit unter den Südtirolern, die den Weg Magnagos ablehnen, die Selbstbestimmung sofort und eine Volksabstimmung über die Rückkehr Südtirols zu Österreich fordern. Die große Mehrheit aber steht zur Autonomie und zur Landeseinheit in der Europaregion Tirol.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft kehrte Südtirol 1945 zu Italien zurück. Im Pariser Vertrag 1947 konnte Österreich die Wiedervereinigung nicht erreichen. Eine Autonomie wurde zugesichert, ein erstes Autonomiestatut erlassen – aber durch juristische Tricks brachte sie keine Ergebnisse: Die Italianisierung und Assimilationspolitik Italiens gingen ungebremst weiter. Unter dem Eindruck eines sich abzeichnenden Volksaufstands wurden die römischen Zentralstellen verhandlungsbereit, das Südtirolpaket mit seinen 137 Punkten wurde zwischen Österreich und Italien 1969 vereinbart, von der SVP in der Landesversammlung knapp angenommen und von Magnago mit Hilfe Österreichs in jahrzehntelanger, mühseliger Detailarbeit Zug um Zug mit immer mehr Inhalt erfüllt.

Als Österreich 1993 die internationale Verankerung des Verhandlungsergebnisses erreichte, konnte die Streitbeilegung vereinbart werden. In Hunderten von Verhandlungstagen konnte unter der Führung Magnagos das neue, kräftige Autonomiestatut vereinbart und als italienisches Verfassungsgesetz beschlossen werden. Neben umfassenden Zuständigkeiten zur Gesetzgebung und zur Selbstverwaltung konnte Magnago auch die Absicherung der finanziellen Stärke Südtirols, eine Finanzautonomie erreichen. So hat Südtirol heute wesentlich mehr Rechte zur Gesetzgebung und Verwaltung sowie mehr Finanzmittel, als das größere Bundesland Tirol. Der Todesmarsch der Minderheit wurde gestoppt, die Südtiroler sind Herren im eigenen Haus, die Landeseinheit des historischen Tirol konnte nach dem EU-Beitritt Österreichs in der Europaregion Tirol erreicht werden. All dies ist das historische Verdienst von Silvius Magnago. Die Südtiroler dankten es ihm durch zahlreiche große Wahlsiege. Sein Nachfolger Luis Durnwalder, auf Magnagos Schultern stehend, hat das Werk in seinem Geiste mit Zähigkeit, Verhandlungsgeschick und Sachkompetenz vollendet.

Magnago war auch ein österreichischer Patriot: Er machte aus der „deutschsprachigen“ Minderheit eine „österreichische“ Minderheit und bekannte sich freimütig stets zum österreichischen Vaterland. Der ÖVP Klub hat Magnago mehrfach für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen – andere wurden ihm vorgezogen, deren Leistungen heute niemand mehr kennt. Sein Werk besteht.

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