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Bange Fragen bei Jubiläumsfeier

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Jubel, aber auch Mahnungen beherrschten die Feier des oOjähri-gen Bestehens der Südtiroler Volkspartei vor kurzem in Bozen. Jetzt, wo die Forderungen des Südtirol-Pakets erfüllt wurden (1992: Streitbeilegungserklärung Österreichs), gilt es nach den Worten des SVP-Öbmanns Siegfried Brugger, eine „dynamische Autonomie zu praktizieren. Man muß angesichts der unverkennbaren neo- oder postfaschistischen Tendenzen wachsam bleiben, denn „der Wind der Veränderung bläst auch uns ins Gesicht”. Wie auf Bestellung gab es kurz darauf einen kleinen Zwischenfall im Verfassungsausschuß der Abgeordnetenkammer in Rom, als der Kommissionspräsident Selva (von der Al-leanza Nazionale, früher MSI) die SVP als „Nachfolgepartei der Nazis” bezeichnete. -

Eine bewegte Diskussion gab es über die Frage „Droht der deutschen Volksgruppe in Südtirol eine neue

Gefahr von rechts?” Daran beteiligten sich Sprecher aller in Südtirol vertretenen politischen Parteien. Die Antwort auf diese stachlige Frage fiel — leider - positiv aus. Nur Giorgio Holzmann, von der Alleanza Nazionale, leugnete jegliche Gefahr von rechts.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die bange Frage, wie Italien sich in der nahen Zukunft als Ganzes entwickeln wird. Im Augenblick scheint die Regierung von Ministerpräsident Dini etwas fester im Sattel zu sein, aber Rerlusconi feuert weiter mit allen ihm zur Verfügung stehenden Medien auf die „Regierung des Usurpators”.

Die föderalistische Lösung, mit einer Dreiteilung Italiens, wurde bis auf weiteres fallengelassen. Sie birgt aber für die Autonomie Südtirols die größten Gefahren. Sollte sie verwirklicht werden - und nur in einem solchen Fall - könnte die Forderung nach einer Selbstbestimmung Südtirols wieder aktuell werden.

Ein weiteres Gespräch fand in diesen Tagen in Bozen statt, wobei es um die Bildung der „Europaregion Tirol” ging. Damit möchte man das Gebiet des historischen Tirols (Nord- und Südtirol, Vorarlberg und Trentino) wieder enger zusammenwachsen lassen - allerdings ohne an den heutigen Staatsgrenzen zu rütteln.

Dieses Konzept einer grenzüberschreitenden, vornehmlich kulturellen Kooperation, erweckt in manchen italienischen Kreisen Skepsis und Mißtrauen - wahrscheinlich auch deshalb, weil das geplante Gebilde mit dem Namen „Tirol” versehen werden soll.

Die Bürgermeisterwahlen am 4. Juni sind das nächste politische Ereignis in Südtirol. Da es sich um eine Direktwahl handelt, gibt es für die SVP wenig Hoffnung, den Bürgermeisterposten von Bozen zu erobern, da in der Südtiroler Hauptstadt die deutschsprachige Bevölkerung nur 25 Prozent der Wählerschaft ausmacht.

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