Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Südtirol sei unvergessen!
Der neue italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat Österreichs Bundespräsidenten Thomas Klestil beim EU-Gipfel in Korsika versichert, am Südtirol-Vertrag werde nicht gerüttelt werden: ein wertvolles „Abfallprodukt" vom Rendezvous der führenden Politikarchitekten des Europa von morgen.
Seit in der italienischen Regierung auch neufaschistische Vertreter sitzen, deren Partei gegenüber den Südtirolern drohende Töne anschlägt, hat es wachsende Beunruhigung bei der Südtiroler Volkspartei gegeben. Die Bedenken sind vorläufig ausgeräumt. Gerade deshalb sollte in aller Offenheit ein anderes beunruhigendes Phänomen zur Sprache kommen: die erkennbare Verfremdung zwischen Nord- und Südtirol.
Vor der Abstimmung über Österreichs EU-Beitritt ist aufgefallen, daß die Beseitigung der Brenner-Grenze in der Nordtiroler Diskussion so gut wie keine Rolle gespielt hat. Man hätte doch annehmen können, daß die Befürworter des Beitritts gerade in Tirol starken Gegnern mit dem Ar-
Siment hätten begegnen können: em Nachteil der Verkehrsbelastung steht der Vorteil gegenüber, daß künftig kein Schlagbaum , mehr Nord- von Südtirol trennt!
Wenn man sich dazu in Nordtirol umhört, wird eine Auszehrung von Solidaritätsgefühlen spürbar. Man zeigt sich in Innsbruck verstimmt über die Überflutung der Universität mit Südtiroler Studenten, über die Okkupation von Parkplätzen mit Autos aus ßrixen und Rozen, über Dutzende Kleinigkeiten.
Hinter der Fassade wird man deutlicher: „Die Südtiroler haben es sich mit beiden Seiten gerichtet. Sie sahnen in Rom, Wien und München ab". Man müßte meinen, daß eine Mehrfronten-Strategie eines um seine Existenz ringenden Volkes auf Verständnis stößt. Aber immer mehr Menschen glauben offenbar, daß es den Südtirolern nicht mehr um Existenz, sondern um klimpernde Vorteile geht.
Vordergründige Fernseh-Kame-raderie von Nord- und Südtiroler Politikern kann über diese Verstimmung nicht hinwegtäuschen. Gegenstrategien sind beiderseits des Rrenners gefragt, Solidarität ist noch immer kein Luxusgut.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!