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Italiener wählten SVP

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Silvius Magnago, der Asket mit dem Feuerkopf, seit 22 Jahren Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP), seit 19 Jahren Landeshauptmann von Südtirol (Provinz Bozen), wiegt bloße 50 Kilogramm. Aber seine SVP setzt immer neuen Speck an: Bei drei Wahlgängen 1978 und 1979 verbesserte sie ihren Stimmenanteil von 56 auf 61 Prozent.

„Jetzt haben wir wieder 92 Prozent der deutschen und 70 Prozent derla- dinischen Stimmen“, berichtet der Landeshauptmann, der den Zuwachs („1975 war ja ein absoluter Tiefstand“) lässig abtut. Tatsache ist, daß auch Italiener diesmal SVP gewählt haben und selbst außerhalb Südtirols SVP-Gemeindekandidaten erstaunliche Erfolge erzielten - etwa in Cortina d’Ampezzo, wo sie hinter der DC zweitstärkste Fraktion wurden.

Für Magnago, der bei der Brixener Tagung des Verbandes katholischer Publizisten Österreichs den Teilnehmern ausgiebig Rede und Antwort stand, ist das eine Anerkennung dafür, daß die Provinz Bozen gut verwaltet wird: „Wir leben in einem Land mit 1,7 Millionen Arbeitslosen - bei uns gibt es praktisch keine. In Südtirol kommt ein Arbeitsloser auf tausend Jugendliche, im übrigen Italien auf hundert. Deshalb hat uns auch die Jugend gewählt…“

Allen, die bei ihm eine Kandidatur der SVP auch im übrigen Italien oder den Zuschlag einzelner Gemeinden zur Provinz Bozen betreiben, setzt er aber ein klares Nein entgegen: „Die SVP ist die Sammelpartei der deutschen und ladinischen Südtiroler“, zitiert er aus deren Grundsatzprogramm. Und: „Ich kann in Kalabrien keine Arbeitsplätze versprechen.“ Sowie: „Das Vertragsgebiet Südtirol ist im Pariser Vertrag genau umschrieben. Daran zu rütteln, wäre sehr gefährlich.“

Als „Abenteurerpolitik“ sieht er auch Bestrebungen an, für Südtirol das Selbstbestimmungsrecht zu reklamieren, was auf den zwei jüngsten

Landesversammlungen der SVP versucht worden sei. Der Südtiroler Heimatbund verlangt es wieder offen, obwohl, „realistisch gesehen, heute nicht die geringste Chance dafür besteht.“ Deshalb wendet sich Magnago auch mit Nachdruck gegen das Wiederaufleben terroristischer

Anschläge in Südtirol, von denen er wünschte, sie gälten nur dem 60-Jah- re-„Jubiläum“ des Vertrags von Saint Germain, „denn dann haben wir nächstes Jahr wieder Ruhe“.

Magnago räumt ein, daß auch für emstzunehmende Südtiroler die schleppende Abwicklung der Paket-Durchführung durch die römischen Zentralstelle entnervend sei: Man brauche „ein echtes Vertrauen und eine Riesengeduld“, sollte aber doch auch nicht verkennen, daß „wir enorme Fortschritte erzielt haben“ und daß gerade die jetzige Regierung Cossiga („Der Ministerpräsident ist Sarde und Autonomist“) erstmals präzisere Versprechungen gemacht habe.

Deshalb sei die jüngste Demarche einer SVP-Delegation in Wien auch nicht als Demonstration gegen die Regierung Cossiga, sondern als Unterstützung für sie gedacht gewesen. Herausgekommen sei dabei, daß die von Österreich nach Durchführung der Paket-Bestimmungen abzugebende „Streitschlichtungserklärung“ nicht ohne Konsultation mit den Südtirolern erfolgen werde.

Da auf der terroristischen Szene seit 1961/63, als man mit Attentaten vom italienischen Staat „leider ein bissele was“ erreichen konnte, auch die Roten Brigaden erschienen sind, wäre nunmehr eine „gegenseitige Zerfleischung“ unvermeidlich. „Ich bin grundsätzlich gegen jede Gewalt, weil sie auf die Formel hinausliefe, wer mehr Gewalt, sprich: mehr Atomwaffen hat, der hat mehr recht. Daraus entsteht keine bessere Welt.“

Die bessere Welt entsteht nach fester Überzeugung Magnagos auch nicht durch den Kommunismus. Die SVP habe es an klaren ideologischen Aussagen nie fehlen lassen. An der italienischen Regierung dürfe man die KPI nicht beteiligen, und je länger sie davon femgehalten werde, um so mehr Wähler würde sie wieder verlieren.

Der KPI müsse vorexerziert werden, daß man, „wie ein italienisches Sprichtwort sagt, nicht das Faß voll und die Frau besoffen haben kann“, greift Magnago zu einem drastischen Vergleich und meint damit, Kommunisten, Liberale und Christen gleichzeitig könne die KPI eben nicht bedienen. Witzig ist er ja auch, der 65jährige Meraner mit dem jugendlichen Herz.

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