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Reitet nicht auf zwei Rössern!

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Der Südtiroler Alt-Landeshauptmann Silvius Magnago hat in einem Gespräch mit der FURCHE die Südtiroler Volkspartei (SVP) davor gewarnt, sich auf das Abenteuer einzulassen, künftig auf zwei Rössern zu reiten. Es sei gefährlich, so Magnago, einerseits eine Politik zur Verbesserung der Südtiroler Autonomie auf Paketbasis zu betreiben, andererseits die Ausübung des unverzichtbaren Rechtes auf Selbstbestimmung zu verlangen.

Es sei keine angenehme Diskussion, die momentan für die SVP entstehe, meinte Magnago, aber man werde „nicht kneifen". Am 23. September wird die Frage des Selbstbestimmungsrechtes vom 100-köpfigen Parteiausschuß, bei einer eventuellen Statutenänderung der SVP dann von der Landesparteiversammlung am 22./ 23. November beraten werden. Magnago verweist darauf, daß man aus dem Parteistatut nicht nur den Satz zitieren dürfe, in dem das Recht auf Selbstbestimmung als unverzichtbar verankert ist, sondern auch den folgenden, in dem sich die SVP auf das Pariser Abkommen vom 5. September 1946 bezieht, das die Grundlage für die Entwicklung der deutschsprachigen Minderheit „im italienischen Staatsverband" bildet. Das Selbstbestimmungsrecht sei aber keine theoretische Floskel.

DieSVP-soder Alt-Landeshauptmann zur FURCHE-müsse klar sagen, was sie darunter verstehe: geht es bei der Ausübung dieses Rechts um den Anschluß an Österreich, um die Bildung eines Freistaates oder um verstärkte Autonomie? Für den ersten Weg, der Grenzänderungen nach sich zöge, sieht Magnago derzeit keine reelle Chance. Weder in Italien noch in Österreich, das Magnago: zudem durch den Staatsvertrag gebunden sei, werde sich in naher Zukunft die Situation so ändern, daß Südtirol eine andere Politik betreiben könnte. Allenfalls sei ein Freistaat möglich, den bei einem Referendum auch die italienische Bevölkerung Südtirols gutheißen könnte. Letztlich gehe es aber darum, den Weg des Pakets weiter zu beschreiten, die Bestimmungen international einklagbar zu machen. Erst bei einer Neuordnung Italiens im Sinne eines De-Zentralismus sollte man über die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts reden.

Der Hinweis auf das Baltikum oder auf Jugoslawien treffe für Südtirol nicht zu: Die Balten seien vertragsmäßig nie der Sowjetunion beigetreten, bei Südtirol liegt ein dementspre-chender Friedensvertrag vor; Jugoslawien zerfalle gegenwärtig, was in Italien nicht der Fall sei. „Wer Regierungsverantwortung trägt", sagt Magnago, „muß aufpassen, was er tut." Der Alt-Landeshauptmann kritisiert österreichische Parteien außerhalb der Regierungsverantwortung, die es sich sehr leicht machen, „wenn sie mit Parolen hierherkommen, jetzt sei die Zeit zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes für Südtirol gekommen".

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