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Ein lebendes Denkmal

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Silvius Magnago ist zur Zeit Europas ältester Regierungschef. Der schwer kriegsversehrte Wehrmachtsangehörige gehört seit Kriegsende dem Südtiroler Landtag an und ist seit 1957 Parteiobmann der Südtiroler Volkspartei (SVP); seit 1960 Landeshauptmann. Schon seit Jahren ist er Südtirols lebendes Denkmal, Inbegriff der wechselhaften Geschichte der Tiroler Minderheit im italienischen Staatsverband.

Spätestens seit dem Jahre 1957, nach einer Großkundgebung von 35.000 Südtirolern auf Schloß Sig-mungskron bei Bozen gegen die Unterwanderung der Heimat und die Nichterfüllung des Pariser Vertrages vom 5. September 1946, setzten die Südtiroler ihre Hoffnungen auf ihn, den hageren Kämpfer mit dem traurigen Blick, dem man sein Leiden für Südtirol sofort ansieht und der heute noch bei seinen Wahlreden die Landsleute zu Tränen rührt. Und er hat diese Hoffnungen in der Tat auch nicht enttäuscht!

Bestimmt hat auch eine Reihe von Attentaten Südtiroler Freiheitskämpfer nachgeholfen, die Forderungen der Minderheit gegenüber Rom mit Nachdruck zu vertreten, bestimmt verdankt das Land der Schutzmacht des Vaterlandes Österreich vieles, aber zweifelsohne ist und bleibt Silvius Magnago der Vater des gesamten Regelwerkes, das heute die Tiroler Minderheit zu einer der bestgeschützten der Welt macht.

Obwohl sein „Paket“ mit den 137 Maßnahmen zum besseren Schutz der Südtiroler von der Landesversammlung der SVP 1969 nur mit knapper Mehrheit angenommen wurde, ist es ihm immer gelungen, in der patriotisch aufgeladenen Gesellschaft im Namen des gemeinsamen Feindes einen großen Teil der Südtiroler in seiner Einheitspartei, pardon, Sammelpartei zu organisieren und den übergroßen Teil zu überzeugen, ihn und seine Partei zu wählen.

Differenzierungen liebt er nicht, er ist ein Mann der klaren Linien, der klaren Trennungen. Wer nicht mit mir ist, ist nicht nur gegen mich, sondern gegen das Südtiroler Volk, den Minderheitenschutz, den Pariser Vertrag, das Paket, die Autonomie.

Seine größten Feinde waren die verschiedenen deutschsprachigen Oppositionspolitiker, die aus der Einheitspartei ausbrachen und eigene Wege gingen; sie waren für ihn nur Verräter. Durch die Autonomie wurde Magnago immer größer, mächtiger und frischer.

1988 will er gehen, obwohl sein Lebenswerk noch nicht abgeschlossen ist. Im Gegenteil. Bedrängt vom rechten Flügel seiner Partei, von den Selbstbestimmungsfreunden der Verzichtpolitik bezichtigt und wiederholt zum Rücktritt aufgefordert, weil seine Politik gescheitert sei, von den italienischen Regierungspartnern immer mehr im Stich gelassen, deren Wählerin Scharen zum neofaschistischen MSI überlaufen, wird es auch ihm, wie so manchem großen „Alten“ , nicht gelingen, als Star abzutreten.

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