Schon in nächster Zeit dürfte die Kreisky-WeUe der Ltquidotion sozialistischer beziehungsweise krypto-sozialistischer Verlagsanstalten audi den traditionsreichen Vorwärts-Ver-lag wegspülen. Vor dem SPÖ-Ver-lagshaus auf der Rechten Wienzeile fahren derzeit jedenfalls Lastkraftwagen vor, um die Apparate und das Mobiliar der Vorwärts-Offset-abteilung zur nahestehenden Drufc-fcerei „Elbemühl" zu transportieren. Der „Stellenmarkt" der „Arbeiter-Zeitung" vom 13. März 1971 offeriert indes Posten für Reprophotographen, Off Setmaschinenmeister und Offsethelfer bei der „Elbemühl" in
Obwohl am 29. Jänner 1903 in Preßburg geboren und in Böhmen aufgewachsen, gilt Prinz Heinrich zu Schwarzenberg ah „steirischer Prinz“. Steiermark war die Heimstatt seiner Eltern. Sein Vater hatte die berühmten Windischgrätz-Dragoner und im ersten Krieg die Kaiserjägerdivision kommandiert. Er verzichtete darauf, sie im trüben November 191$ zu verlassen, und zog mit ihr in Kriegsgefangenschaft. Dem heutigen Chef des Hauses ist solche Haltung bindend: an Widerständen zu wachsen, sich für eine Aufgabe verpflichtet zu wissen und für andere da zu sein. Nach dem Weltkrieg erwarb der
Der Leiter der Caritas der Erzdiözese Wien arbeitet im Caritashaus in Wien, Währinger Straße 104. Ein typisches Zinshaus aus der Jahrhundertwende, nun aber neu adaptiert. Vom Fenster seines Arbeitszimmers im ersten Stock geht der Blick genau auf die gegenüberliegende Stadtbahn-hahestelle. Das Kommen und Gehen dort unterscheidet sich aber nicht viel von dem Parteienverkehr in der Caritaszentrale. Nur stimmt das Wort „Parteienverkehr“ nicht. Denn das Wort Partei hat mit Behörde zu tun, und gerade das ist die Caritas nicht.Monsignore Leopold Ungar heifit offiziell Caritasdirektor. Er
„Wien n'est plus difftcile que persuader un American“ — nichts sei schwieriger, als einen Amerikaner zu überzeugen, schrieb Tocqueville vor reichlich hundert Jahren. Ähnlich sagt es auch Anthony Eden, langjähriger Chef des britischen Foreign Offtee und kurzfristige'r Premierminister, in seinen mit Spannung erwarteten Memoiren, die nun in der „Times“ veröffentlicht werden.Der so lange verkannte Eden rettete die Menschheit vor einem dritten Weltkrieg. So könnte die Schlagzeile im Buch der Geschichte lauten. Wer hätte das gedacht! Dergestalt wird nun das Porträt zu korrigieren
Man kann die Sozialfürsorge mit der alten römischen Architektur vergleichen. So wie diese in Unkenntnis der Hydrostatik mit enormen Arbeitsaufwand riesige Aquädukte baute, um Wasser von einer Talseite auf die andere zu leiten, so verschwendete jene große Mühen, weil sie von der Kinderseele keine blasse Ahnung hatte. Sie baute Anstalten und Waisenhäuser, in deren kalter Ordnung die Kinder, die nur das Unglück hatten, kein Heim zu haben, in seltsam halbmilitärischer Zucht aufgezogen wurden. Dem Besucher, mag es ein Inspektor oder ein Verwandter sein, tönte ein eingedrilltes „Grüß
Die Berge sind das letzte Revier der großen Abenteuer in einer Welt, deren rationalisierte Daseinsordnung, deren Wohlfahrtsgesinnung und Kleinteilung der Arbeit und des Alltags das Abenteuerliche, das ein Grundstoff Menschlichen Lebens ist, unterdrücken, lähmen und zerstören. Es gibt Männer, deren Schöpferisches in der Begegnung mit dem Berg, im Kampf um ihn aufbricht. So geschieht es etwa Herbert Tichy, dem österreichischen Alleingänger im Himalaja. Nach Bezwingung von sieben Bergriesen, von denen einige zum erstenmal bestiegen wurden, einige noch namenlos sind, kehrt er nach einem
Der Wille, sich nicht unttrkriegen zu lassen, beherrscht den großgewachsenen, schlanken Mittvierziger heute genau so wie damals, 1943, als er erst vierzehn Tage nach seiner schweren Verwundung in ein ordentliches Lazarett kam. Heute allerdings ist dieser Wille auch stellvertretend für die ganze Südtiroler Volksgruppe, deren bedeutendster Anwalt er ist. „Die beste und die sicherste Gewähr aber für die Erhaltung unserer Existenz liegt in uns selbst und hängt von unserem Widerstandswillen, Selbsterhaltungstrieb und von der Ausdauer ab, die wir darin zeigen.“ So postulierte er auf der
Die akute Krise um das deutsch-amerikanische Raketenteam Wernhers von Braun in Huntsville ist vorübergegangen. Präsident Eisenhower hat die Braun-Gruppe der zivilen Raumfahrtsbehörde Amerikas unterstellt. Die Versetzung, eine Folge der Eifersüchteleien innerhalb der drei Wehrmachtsteile, von denen jeder seine Projekte als hochwichtig bezeichnet, um vom Etatkuchen das größte Stück zu bekommen, hat Brauns Freude an Raketen keinen Abbruch tun können. Kenner von Brauns Werdegang wußten das schon vorher, denn er ist seit Kindheitsbeinen in Raketen und ähnliche Dinge „einfach
Während Nikita Chruschtschow, je nach Laune kratzbürstig oder jovial, polternd oder dozierend, die USA durchquerte, veranstalteten die amerikanischen Presseleute in Washington int National Press Club eine würdige Geburtstagsfeier. Sie galt einem jugendlich wirkenden Siebziger, der seit seinen Studentenjahren in Havard das geistige und politische Leben Amerikas in hohem Maße beeinflußte und eine der bedeutendsten Figuren des heutigen US-Journalismus ist: Walter Lippmann.Der berühmte Columnist war jedoch nicht allein Gegenstand der Ehrungen. Man würdigte zugleich auch seinen
Vow Aeußeren her hat Heinrich Lübke mit Theodor Heuß das- schlohweiße Haar und die vertrauenerweckende väterliche Erscheinung gemeinsam. Das Professorale, das der Schwabe Heuß nie ganz verleugnen konnte, ja auch gar nicht wollte, geht Lübke ab. Heußens Beitrag an Gesinnung und Meinung für die junge Bundesrepublik war, darin sind alle einig; lebensnotwendig gewesen. Lübke ist kein Freund großer Reden, und er wird sich sicherlich schwerer als Theodor Heuß in die zahllosen Repräsentationspflichten eines Bundespräsidenten finden, Heuß’ Reden waren grundgescheit, schienen .leicht
In Paris, im sonnigen Juni 1946, geschah es. Großer Staatsakt, Ehrenkompanien, Trommelwirbel, viel buntes Tuch und an der Seite des Präsidenten ein kleines Männchen mit knochigem Gesicht und kargem Ziegenbart: Ho Tschi-Minh wird als Befreier Indochinas vom japanischen Joch gefeiert. Er aber mimt trotz der Orden, Küsse und Umarmungen den unbekannten Asiaten, tritt mönchisch bescheiden auf, nippt am Tee und knabbert trockenen Reis. Den Journalisten gibt er wenig zu schreiben. „Meine Vergangenheit will nichts besagen, nur die Zukunft zählt“ stößt er in fließendem Französisch
Die französische Höflichkeit des Geistes und der Manieren, die im 18. Jahrhundert ihre Vollkommenheit erlangte, aber in unseren Tagen durch demagogische Gewöhnlichkeiten fast zerstört ist, hat im Oesterreich des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts eine Heimstatt gefunden. Scharfe Augen sahen aber damals schon, wie eine heranrückende Schlachtordnung, noch vom Staub des Blachfelds verhüllt, den totalen Staat mit seinen kollektiven Organisationen. Die genormte Romantik und den Besichtigungsdrill moderner Pauschalreisen konnten auch sie freilich nicht vorausahnen, konnten auch nicht wissen,
War das ein Jubel in Warschau gewesen. Alles kam spontan, ganz ohne Regie, die im Osten so vorzüglich klappt, wenn es gilt, einmütige Raserei oder kochende Volksseele hervorzuzaubern. Nixon fühlte sich dabei in seinem Element, schüttelte Hände, umarmte Kinder, verteilte Füllhalter, beschwor Chopin und Kosciuszko und vergewisserte sich stets vorher, daß die Photographen zur Stelle waren, und rief sie, wenn nötig, mit lauter Stimme herbei. In der Warschauer Altstadt etwa bat er die jubelnde Menge, das Händeklatschen zu wiederholen, damit die Filmleute diese Szene aufnehmen konnten.
„Welch eine Wohltat, daß es noch Originale solchen Formats gibt! Ein graubärtiger Tramp der Kunstlandstraße, vom Hauch der Welt umgetrieben, weltgewandt umwittert“, schreibt eine große bundesdeutsche Zeitung. „Der Homo ludens lebt. Wir haben mit ihm gesprochen. Er kommt aus Wien“, meint ein anderes Blatt. „Große Kleinkunst in Reinkultur“, stellt ein drittes fest. Das Lob galt dem österreichischen Teilnehmer an den Internationalen Puppenfestwochen, die in Braunschweig stattgefunden hatten: Professor DDr. Wladimir von Zalozieckyf. Er war dorthin und in andere Städte gekommen
Es hieße Zuckerrohr nach Kuba tragen, wollte man nach soundsoviel Hinrichtungen hier noch einmal abwägen, ob Fidel Castros Handlungen rechtens waren oder nicht. Wie ein Bumerang kehren beharrlich die Schatten der letzten sechs Monate wieder und legen sich als Hypothek auf seine Politik. Bekanntlich war .es zwischen ihm und Staatspräsident Urrutia, der jetzt zurücktreten mußte, vor allem wegen der „Kriegsverbrecherprozesse" gegen die Anhänger des ehemaligen Diktators Batista zu Differenzen gekommen. Als neuer Präsident wurde der Jurist Osvaldo Dorticos Torcado vereidigt, der als
Jene braune Zeit, die die Rechtspflege vornehmlich zum Exerzierplatz ihrer Willkür erkoren hatte, wirkt noch immer unbewußt in den Köpfen der Neo-Biedermeier nach. Die Entlassung des karggelockten Atomspions Klaus Fuchs mit der typischen Nickelbrille des kommunistischen Intellektuellen wird noch heute, da er sich in Wandlitzsee bei Ost-Berlin von seiner Haft entspannt, mit der bierernsten Reaktion kommentiert: Der Kerl hätte gehenkt gehört. Sein todeswürdiger Verrat, eine Tat von größter politischer Tragweite, deren sich der Erzverräter durchaus bewußt gewesen war, fand indes
Auf die Frage, was der Negus denn bei dieser Hitze int Kreml tue, antworteten nicht wenige Kommentatoren mit der trockenen Feststellung: Schnorren! In der Tat, es gehört zu den empirisch erhärteten Feststellungen, daß ein Kremlbesuch entweder unter die periodischen Ergebenheitsbezeigungen linientreuer Parteigänger oder unter die Pumpversuche kapitalarmer Landeschefs zu rubrizieren sei. Für den Staatsbesuch des 67jährigen, letzten unumschränkt herrschenden Kaisers, den vor einigen Jahren die Wiener bejubelten, trifft das zweite Moment zu. Es wäre töricht, dem üblichen herzlichen
Das brillant formulierte, mit Spannung erwartete psychiatrische Gutachten int Mordprozeß Faber kam aus dem Munde des letzten lebenden Assistenten des großen Wagner- Jauregg und heutigen Nestors der österreichischen Psychiater: Universitätsprofessor Dr. Erwin Stransky. Als Wissenschaftler von internationalem Ruf, als Lehrer und als ein von hohem ethischem Bewußtsein getragener Mensch, war er durch seine sechzigjährige Tätigkeit als Arzt berufen, das traditionsreiche Erbe der Wiener medizinischen Schule zu mehren. Blicken wir zurück. Geboren am 3. Juli 1877 in Wien, wo er das Gymnasium
Es ist zwar nickt historisch nachweisbar, jedoch bereits nach flüchtigem Studium der irischen Volksseele als sicher anzunehmen, daß nur Eamon de Valera, der ergraute Kampe, diesmal Präsident von Eire werden konnte, wenn auch die Oppositionspartei in General Sean MacEoin einen Revolutionskameraden des „Weisen von Irland“ aufgestellt hatte. Seit geraumer Zeit hat man es ja bereits am Ufer des Liffey gewußt, daß die Aera de Valera zu Ende geht. Der Regierungschef, seit 1932 mit zwei Unterbrechungen im Amt, ist alt und müde geworden. Der Präsidentenstuhl scheint demnach für den letzten
ln allen grundlegenden Punkten sei völlige Einigung erzielt worden. Mit diesen Worten faßte Paul H. Spaak, NATO-Generalsekre- tär, das Ergebnis der im April anläßlich des zehnten Geburtstages der NATO arrangierten Washingtoner Jubiläumstagung zusammen. Solches festzustellen ist nun einmal die Aufgabe der Communiques. So gibt es also — Triumph menschlichen Ausdrucksvermögens— eine glasklare Art, das total Ungeklärte in Warte zu fassen. Deutlicher war allerdings die Schlußresolution des jetzt zu Ende gegangenen Atlantischen Kongresses, in der eindringlich eine engere militärische
Varė hat in einem seiner Bücher geschrieben, es gebe in der Diplomatie nur zwei wirklich elegante Rangstufen, die des Attaches und die der Botschafterin. Das war richtig, ist es aber nicht mehr. Heutzutage ist eine gehörige Portion Phantasie nötig, um in der Diplomatie noch irgend etwas Elegantes im klassischen Sinne des Wortes zu finden. Das bestätigt auch der Fall („Pall” im Doppelsinne) Clare Boothe-Luce, Ex-Botschafterin der USA erst in Rom, dann beinahe in Rio de Janeiro, deren Karriere nun in einem Sturm sondergleichen untergegangen ist. Fast verlor Amerika darüber das
General Catroux, Großkanzler der Ehrenlegion, kennt de Gaulle seit 1916. In der Prinz-Karls-Festung in Ingolstadt waren beide gefangen gewesen. Für Catroux war der de Gaulle jener Zeit ein Schüchterner. Alles sei dem Hochbegabten Anlaß zu Hemmungen gewesen, am meisten seine überhohe Gestalt. Er habe darunter gelitten. Es kostete ihm eine große Ueberwindung, sich jemandem mitzuteilen. Seine Zurückhaltung war eine Fassade, die immer mehr nach innen wuchs und so gleichsam zum Wesen de Gaulles wurde. In die Armee war er eingetreten, etwa wie man in einen Orden eintritt. Wer tagtäglich in
Der „große alte Mann“ der Sudetendeutschen, der Sprecher der sudetendeutschen Landsmannschaft, dachte schon europäisch, als man damit noch nicht den Mund in blasphemischem Rettungseifer übervoll nahm. Sein langes, reiches Leben umspannt in großem Bogen die weltweiten Probleme, die sich seiner Volksgruppe von den letzten Jahren der österreichisch-ungarischen Monarchie angefangen bis zum Kampf um das verlorene Heimatrecht stellten. Dr. Lodgman von Auen steht während all dieser Jahre im Dienste einer Pflichterfüllung sondergleichen und war, alles Persönliche dem Sachlichen
Die Sowjets hatten in den dreißiger Jahren zwei Asse im diplomatischen Corps, die schon als Erwachsene den Duft der europäischen Alchimistenküche vor 1914 mit überfeiner Nase eingeatmet hatten. In Stockholm die legendäre, 1872 geborene Alexandra M. Kol- lontaj (in Schweden redet man heute noch vo n ihr als der „Madame”), Tochter eines zaristischen Flügeladjutanten, in Washington Maxim Litwinow-Finkelstein (geboren 1876), der dem aus Uradel stammenden Georgij W. Tschitscherin 1936 als Außenminister gefolgt war. Litwinow wurde am Vorabend des zweiten Weltkrieges ein Botschaftsrat
Als der Dalai-Lama mit kleinem Gefolge im indischen Luftkurort Mussorie, seinem künftigen Exil, eintraf, umjubelt von der Bevölkerung, war eine aufregende Flucht zu Ende. Beinahe wäre er in chinesische Hände gefallen. Flugzeuge hatten die kleine Karawane schon aufgespürt, aber das schluchtenreiche Gelände machte die Landung von Fallschirmjägern unmöglich. Am Tage des Grenzübertritts des Dalai-Lama (der Inkarnation des Gauthama Buddha) war das Gebirge von weißen Wolken umzogen, was für diese Jahreszeit ungewöhnlich ist. Es hieß, die Gebete der Lamas hätten diese Wolken
Die gleichermaßen bange wie umstrittene Frage, ob der Arzt dem Patienten gegenüber zur Mitteilung der Wahrheit verpflichtet sei, ist im Falle John F. Dulles nicht gestellt worden. Wie beim krebskranken Hohenzollernkaiser Friedrich III. war sie im Staatsinteresse vorweggenommen worden. Der große, alte Mann ist nun dem Streit’ der Meinungen entrückt. Vor seinem Leiden, das er tapfer trägt, verstummen die Stimmen, aber mit dem Rücktritt als Außenminister ist die latent gewesene Frage der Nachfolge akut geworden. Christian Archibald Herter, seit geraumer Zeit Stellvertreter Dulles’ und
Aus dem Zwischenstromland kommen immer neue Ueberraschungen. Nun trat Irak aus dem Bagdadpakt aus. Harte Worte fallen zwischen Nasser und Kassem, den feindlichen Brüdern am Nil und am Euphrat. Kassem soll sich angeblich nur noch mit kommunistischer Hilfe und der Gewalt halten können. Kairo behauptet, er sei eigentlich ein verkappter Kommunist. Auch jetzt, sieben Monate nach der Revolution, ist manches ungewöhnlich. Etwa der protokollarische Stil in Bagdad, der die Auftritte des irakischen Ministerpräsidenten auf diplomatischen j Cocktailempfängen auszeichnet. Oberst Taher, Kassems
Die delphische Pythia, auf goldenem Dreifuß sitzend und von Dämpfen umwallt, war eine wendige Person. Sie ließ sich nicht festnageln und war durch ihre Zweideutigkeiten berühmt geworden. Hätte sich der zypriotische Partisanenchef C r i v a s vulgo Dtghenis vor fünf Jahren, als Haß das Feldgeschrei auf der Insel war, an sie gewendet, um über die Zukunft zu erfahren, hätte sie etwa gesagt: Keiner wird Verlierer, keiner Sieger sein. Grivas, im Untergrund zu kühnem Pathos gereift, mißtraute der Prophetie, aber der Friede auf Zypern kam tatsächlich dergestalt zustande, daß es weder
Die Dänen sind ein altes Seefahrervolk. Das Land ist klein, halb so groß wie Oesterreich, aber „un pays qui touche ä la mer n’est jamais petit” — „ein sLand, das ans Meer grenzt, ist niemals klein”, sagte Leopold II. von Belgien. In König Frederik IX., der gerade sechzig Jahre alt geworden ist, spiegelt sich der Nationalcharakter Dänemarks. Ein Hüne, gebaut wie ein Schrank, mit kräftigen Händen, überragt er alle anderen um einen Kopf. Stünde er auf der Kommandobrücke eines Schiffes, man glaubte ihm den Kapitän. Stünde er im Ring — man glaubte ihm auch den Athleten.
Iw Juni 1948 erblickte die D-Mark das Licht der Welt und des nunmehr zweigeteilten Deutschland. Mit einem Male waren Schwarzer Markt und Bezugschein verschwunden. Es bahnte sich das an, was man allgemein als das „deutsche Wirtschaftswunder bezeichnet, das aber jener, der es als Direktor der Verwaltung für Wirtschaft damals durch einen kühnen Entschluß in Gang setzte, etwa so formulierte. „Wir wußten, daß uns nur eines über den Berg ziehen konnte: Der Einfallsreichtum jedes einzelnen Unternehmers, der Fleiß und die Geschicklichkeit jedes einzelnen Arbeiters und Angestellten, kurz,
Bei den Trägem der obersten Verantwortung ist, wie Lord Robert Cecil einmal gesagt hat, Charakter wichtiger als Intelligenz. Die Intellektuellen machen darum in England keineswegs ipso facto eine Elite aus. Blendende Gescheitheit ist oft dem gesunden Menschenverstand abhold, Genies sind verdächtig. Den Nachwuchs für die Führerstellen liefern darum seit eh und \e die Colleges in Oxford und Cambridge, weil man dort auf Charakterbildung mehr Wert legt als auf das Anhäufen von bloßem Wissen. Premierminister Harold Macmillan ist darum ein rares Phänomen in der englischen Politik: er gilt ah
Die Welf ist heutzutage zu freigebig mit dem Prädikat „großer Mensch“. Sie verleiht es oft auch dem Mittelmäßigen, wenn es nur die Fähigkeit der Selbstinszenierung besitzt. Darum geziemt es besonders uns Europäern, gerade jetzt eines Mannes zu gedenken, der sterbenskrank in einem amerikanischen Heereslazarett darniederliegt: GeorgesC. Marshall. Er hat nach dem zweiten Weltkrieg, als Außenminister der USA, besonderen Weitblick erwiesen. Und gerade das hob ihn, den Berufsoffizier, von seinesgleichen heraus, denn es ist die Regel, daß die Mängel der Militärs in einer merkwürdigen
Als den Tag der Wachablöse hatte man den 8. Jänner gewählt. Im Festsaal des Präsidentschaftspalais fand die Zeremonie statt. Unter den Gästen befand sich auch General Catroux, der Großkanzler der Ehrenlegion, er überreichte dem neuen Staatsoberhaupt General de Gaulle die goldene Halskette, die der obersten Rangstufe des Ordens entspricht. Am Nachmittag begaben sich Coty und de Gaulle zum Grabmal des Unbekannten Soldaten, begleitet von einer berittenen Eskorte der Garde Repüblicaine. Dort nahmen sie Abschied voneinander. Vielleicht entsann sich Coty, daß er seinerzeit bei seinem Einzug
„Es kamen die Herren Richter, denen sagte das Gelichter, Recht ist, was dem Volke nützt. Und so werden sie Recht sprechen müssen, bis das ganze deutsche Volk sitzt.“ Die der NS-Zeit gewidmeten Verse Brechts gelten heutigentags für die Deutsche Demokratische Republik, besonders aber, seit Justizminister Dr. Hilde Benjamin, die „rote Hilde“, von den Richtern „strengste Parteilichkeit“ verlangte. Menschen, die einmal einem der von ihr inszenierten Schauprozesse beiwohnten, bezeichnen sie als eine bösartige, virile Natter mit hervorquellenden Augen und schriller Stimme, den
Die Romanze, deren Details jetzt in aller Japaner Mund sind, begann so wie Romanzen zu beginnen pflegen. Diese Uier begann am 18. August 1956. Im Ausflugsort Karui-zawa trat der 25jährige Kaisersohn Akihito Tsuyu no Miya, was soviel heißt wie „Nachfolger der erleuchteten Güte“, zum gemischten Doppel an. Die Gegenpartei gewann die beiden Sätze überzeugend 7:5, 6:3. Schuld daran war Mitschiko Schoda, die schöne Partnerin seines Gegners, gewesen. Nach dem Spiel wurde noch rasch in teestundenhafter Korrektheit eine Aufnahme der wohlgeratenen jungen Dame gemacht, und von da an sah man
Der Fremde, der als Tourist Paris, die „Vi7/e lumiere“. die Lichterstadt, besucht, kennt die Folies-Bergere, den Montmartre, die Champs-Elysees. Er atmet an der Seine eine geistig und moralisch freiere Luft als anderswo. Es ist aber nicht alles Licht, nicht alles Ruhm, nicht alles Menschlichkeit. Wo viel Licht ist, gibt es viel Schatten. Die Freiheit, nach seinem Belieben zu leben, ist gewiß unbeschränkt, aber ebenso muß man eine schrankenlose Gleichgültigkeit der Mitmenschen hinnehmen. Man darf in der Seinestadt ebenso unbemerkt leben, wie unbemerkt zugrunde gehen. Armut ist wie
Von kleinen Leuten stammend, kam Makarios 1913 in Paphos, dem sagenhaften Geburtsort ApUroditens, zur Welt. Schon am ]ungen hatte man ein reges Nachsinnen über die Lage der anderen, das fördernde Ergreifen des Eigenen bemerkt. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Nikosia und der Athener Universität wurde er zum orthodoxen Priester geweiht, genoß aber dann, mehr ein Bild düsterer Entschlossenheit denn priesterlicher Milde bietend, das Einssein mit Männern in Gefahr: er kämpfte in der Resistance gegen die italienisch-deutschen Okkupanten. 1946 ging er, gereift und neuen Horizonten
Auf der „Dritten Pugwash-Konferenz“ in Wien, die die Atomgefahr zum Thema hatte, fiel ein hagerer, aufrechter Herr besonders auf. Ein unvergeßliches, geistvolles, scharfgeschnittenes Gesicht mit einem großen, beweglichen Mund, von einem dichten Netz von Falten überzogen, die sich oben unter einer weißen, flockigen Mähne auflösten. Bertrand Russell, iSjährig, ältestem britischem Adel entstammend, dabei der Labourparty nahestehend, ist eine der eigenwilligsten, umstrittensten Persönlichkeiten unserer Zeit. Er hat, berühmt als Mathematiker, als Philosoph, als glänzender
Schon seit geraumer Zeit pfeifen es nicht allein die Spatzen vom Dach des UN-Gebäudes am East River, daß Dag Hammar-skjöld im Nahen Osten keine besonders glückliche Beobachtergabe gehabt hat. Es gab Stimmen, die mit rustikalem Freimut dem Generalsekretär vorwarfen, er sei, einem blinden Simson gleich, durchs Zwischenstromland gestolpert, dabei nicht einmal den Brandgeruch bemerkend. Gerüchte gingen seit einiger Zeit um, daß ein anderer dort vermitteln würde. Sie wurden Wahrheit: Dr. Ralph Johnson Bunche wurde jetzt zum UN-Sonderbeauftragten, für den Nahen Osten ernannt; er ist am 9.
Die ablehnende Antwort Erzbischof Maka-rios' auf Sir Hughs Appell zur Zusammenarbeit, zu einem siebenjährigen Burgfrieden, und die neuen Terrorakte haben die britische Oeffentlichkeit tief enttäuscht. Sir John Harding, der frühere Gouverneur Zyperns, hätte nur grimmig gelacht, er behandelte die Inselbevölkerung wie Meuterer. Des Haudegens harte Hand lief! die Zahl der Toten schnell sinken, aber harte Hände sind heute verpönt. Sir Hughs Amtsantritt um die Jahreswende begann mit einer Demonstration lässiger Kaltblütigkeit. Im waffenlosen Alleingang durchstreifte er die Insel,
„Die israelische Regierung muß bei einer Besetzung Jordaniens durch ägyptischsyrische Truppen ernsthaft alle Sicherheitsprobleme prüfen, um die Unabhängigkeit und Freiheit des Landes zu gewährleisten.“ Diese schicksalschweren Worte sagte eine Frau, die kürzlich in London eintraf und dort, wie in Paris und Rom, für den Gedanken wirbt, die Vereinten Nationen wögen eine neue internationale Garantie für die Grenzen Israels aussprechen. An dieser Garantie hängt sehr, sehr viel, denn obwohl Israel militärisch zweimal siegreich war, hängt die ständige Drohung Nassers, er werde Israel
Der herkulisch gebaute ältere Herr, der geballte Energie mit unermüdlichem Optimistenlächeln geschickt zu paaren weiß und seit Wochen den Nahen Osten bereist, wird von der Presse seines Landes, den USA, „troubleshooter“ genannt, etwa „Feuerlöscher“, Sein bürgerlicher Name ist: Robert Daniel Murphy, seit 1921 glücklich verheiratet, Vater gutgewachsener Töchter. Ob man ihn als „Deputy linder Secretary“ oder — als ranghöchsten Staatsbeamten — als „Sektionschef im Außenamt“ bezeichnet, dieser 64jäh-rige sich gewaltsam um den Nachweis Bemühende, daß politische
Die Wahl General Fuad Schehabs, des bisherigen Armeekommandanten, zum neuen Staatspräsidenten im Libanon für die nächsten sechs Jahre hatte sich in einer für solche Akte ungewöhnlichen Atmosphäre abgespielt: der Bezirk um das Parlament war mit Drahtverhauen gesperrt, allenthalben standen Panzer, schwerbewaffnete Soldaten kontrollierten die Straßen. In dem von den Rebellen besetzten Teil Beiruts berieten noch fünfzehn oppositionelle Abgeordnete, ob man überhaupt an der Wahl teilnehmen solle. Schließlich fanden sich doch 56 von insgesamt 66 Abgeordneten im Parlament ein, das damit
Die Geschichte Tirols hatte zu allen Zeiten Persönlichkeiten aufzuweisen, in denen das Leben des Tiroler Volkes wirklich Gestalt angenommen hat. Eine davon ist der vor kurzem siebzigjährig in Innsbruck verstorbene Professor Dr. Eduard Reut-Nico-lussi — Freund und Mitarbeiter der „Furche“. 'Er kannte den Kampf von Jugend an, denn in7 Lusern, einer der letzten deutschen Sprachinseln an der damaligen Südgrenze Tirols, war er zur Welt gekommen. Schon damals willten die Heifssporne jenes fein Gewachsene, wonach nach Nietzsche „keine Schafsklauen greifen sollen“, mit ihrer tolpatschigen
Das plötzliche Auftauchen des sowjetischen Verteidigungsministers Marschall Malinowskij in Pankow während des Chruschtschow-Besuchs führte zu zahlreichen Spekulationen. Der seit dem Ende des zweiten Krieges meist im Hintergrund stehende Marschall ist damit wieder in den Blickpunkt gerückt. Er hat eine der interessantesten Karrieren unter den sowjetischen Militärs hinter sich.Sie begann, als er sich, noch nicht dienstpflichtig, im Sommer 1914, sechzehnjährig„ der 4. Odessaer Schützenbrigade anschloß, die gerade an die Front abging, wo sie dann gleich in die schweren Kämpfe mit der k.
„Der Westen muß zur Verteidigung mit allen Mitteln entschlossen sein. Der von manchen vertretene Standpunkt, die Sklaverei sei einem Krieg vorzuziehen, sei nicht sehr ehrenwert und könne nicht der Jugend eines Volkes vermittelt werden.“ Dieser Hieb auf Lord Russells Erklärung kam als eine Art politisch-militärisches Testament aus dem Munde eines Kommißgenies, das zum Abschluß des Planspiels CPX8 Abschied von der NATO nahm: Bernard Law Viscount Montgomery of Alamein und Hindhead, der legendäre „Monty“ der 8. britischen Armee, nun 71 Jahre alt, noch immer den landläufigen
Großgewachsen und schlank, mit federndem Schritt, elegant als Ausdruck einer inneren Haltung, in Gebärde und Sprache von vollendeter Korrektheit, das ist der Reiteroffizier der alten Armee, der Chef der Spanischen Reitschule in Wien: Oberst Alois Wilhelm Podhajsky. Wollte ein Maler die allegorische Entsprechung fiir den Begriff Disziplin finden, er müßte nur seine Züge auf die Leinwand werfen. Die Antwort, die Frankreichs großer Reitmeister Antoine de la Baume Pluvinal seinem Souverän einst gegeben hat, paßt genau auch auf ihn: „Sire, es gibt nur ganz wenig Männer von Wert, die sich