6647347-1958_32_04.jpg
Digital In Arbeit

FUAD SCHEHAB / DURCH SCHWEIGEN ZUR MACHT

Werbung
Werbung
Werbung

Die Wahl General Fuad Schehabs, des bisherigen Armeekommandanten, zum neuen Staatspräsidenten im Libanon für die nächsten sechs Jahre hatte sich in einer für solche Akte ungewöhnlichen Atmosphäre abgespielt: der Bezirk um das Parlament war mit Drahtverhauen gesperrt, allenthalben standen Panzer, schwerbewaffnete Soldaten kontrollierten die Straßen. In dem von den Rebellen besetzten Teil Beiruts berieten noch fünfzehn oppositionelle Abgeordnete, ob man überhaupt an der Wahl teilnehmen solle. Schließlich fanden sich doch 56 von insgesamt 66 Abgeordneten im Parlament ein, das damit beschlußfähig war und Schehab im zweiten Wahlgang mit 48 Stimmen, also auch denen der Opposition, erkor.

Woher kommt dieser Mann, auf den der Libanon und auch westliche Beobachter hoffen? Der mittelgroße, athletische Offizier, geboren am 19. März 1903 in Caisr, kommt aus einer Familie christlich-maronitischer Emire, deren Vorfahren von den Drusen abstammten, aber zum Christentum konvertierten. Dies entspricht also der Verfassung, nach der im Libanon der Präsident Christ und der Regierungschef Mohammedaner sein muß. Anfang der zwanziger Jahre besuchte Schehab die Militärschule in Damaskus, sich schon damals durch eine knappe Sprache und große Schweigsamkeit auszeichnend — eine in der Levante ungewöhnliche Eigenschaft. Der militärische Aufstieg unter der französischen Mandatsverwaltung war langsam, er kam nach Frankreich zur weiteren Ausbildung, besuchte mehrere Kriegsschulen und nahm eine Französin zur Frau, Sofort nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges kehrte er nach dem Libanon zurück, um wichtige

Posten in der Armee zu übernehmen. Als 1946 die französischen Truppen den Libanon räumten, wurde Schehab zum Brigadegeneral ernannt, Er ging im militärischen Dienst auf, nur in Krisenzeiten seines kleinen Landes wandte er sich der Politik zu. Im September 1952 wurde er nach einer Rebellion drei Tage lang Präsident, während der Suezkrise im Jahre 1956 übernahm er das Verteidigungsministerium. Zuletzt trat er während der 8Stägigen innenpolitischen Krise hervor, zurückhaltend und energisch zugleich. Er verhinderte mit seiner etwa 9000 Mann starken Armee, die an ihm in einer fast unvorstellbaren Gesinnungstreue hängt, den Sieg der Rebellen, vermied es aber, trotz Schamuns Drängen, die Gewalt sprechen zu lassen. Selbst dann, als nach Eisenhowers Hilfezusage das schweigende Gewicht der Waffen in Gestalt der sich der Küste nähernden 6, amerikanischen Flotte deutlich sichtbar wurde. Schehab schwieg, richtete schweigend seine Politik darnach aus, daß keine im Moment aufwallenden Hasses, etwa als man seinen Neffen ermordete, getroffene Handlung ein „Gespräch der Feinde“ unmöglich mache.

So kam es, daß Saeb Salam, das Haupt der Rebellen, sich mit Schehab in einer neunzig-ntinutigen Zusammenkunft aussprach und beide Parteien sich daraufhin einigten, die großen Vollmachten, die das Präsidentenamt vereint, in seine Hand zu geben. Was der neue Präsident, der sein Amt offiziell im September antritt, weiter tun wird, bleibt freilich dahingestellt. Eine seiner ersten Handlungen dürfte sein, den Amerikanern höflich mitzuteilen, daß ihre Anwesenheit nun nicht mehr vonnöten sei.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung