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FELDMARSCHALL M0NTG0MERY / TAKTIK UND STRATEGIE
„Der Westen muß zur Verteidigung mit allen Mitteln entschlossen sein. Der von manchen vertretene Standpunkt, die Sklaverei sei einem Krieg vorzuziehen, sei nicht sehr ehrenwert und könne nicht der Jugend eines Volkes vermittelt werden.“ Dieser Hieb auf Lord Russells Erklärung kam als eine Art politisch-militärisches Testament aus dem Munde eines Kommißgenies, das zum Abschluß des Planspiels CPX8 Abschied von der NATO nahm: Bernard Law Viscount Montgomery of Alamein und Hindhead, der legendäre „Monty“ der 8. britischen Armee, nun 71 Jahre alt, noch immer den landläufigen Vorstellungen von einem Marschall widersprechend.
Auf den meisten Bildern trug er zerknautschte Flanellhosen, saloppe Pullover und die berühmt gewordene schwarte Mütze des Panzerkorps. Und doch ist dieser aus nordirischer Familie stammende, ohne den Einfluß mächtiger Privatverbindungen aufgestiegene Sohn eines Geistlichen die charakteristische Verkörperung des Engländers, der, mit großartigem Optimismus und unerschütterlicher Zähigkeit begabt, wie ein Champion die Zähne zusammenzubeißen und härteste Schläge einzustecken versteht, der aber dann seinerseits zuschlägt bis zum Siege. Dank diesem zähen Lebens- und Unabhängigkeits-willen ist England nach den Tagen von Dünkirchen das einzige Bollwerk gewesen, das dem allzufrüh triumphierenden Gegner standUielt, bereit, einem dunkle Geschick kämpfend zu unterliegen, aber nickt: sich freiwillig ihm zu beugen. Das aber auch in echter Fairneß dem Gegner und heutigen Waffenbruder im Kampfe schon Anerkennung zollen konnte, weil sie die eigene Sicherheit und Treue zu sich selber zur Voraussetzung hat.
Montgomery hatte in Palästina, Aegypten, Indien und England gedient, war Lehrer der infanteristischen Taktik gewesen, genau wie sein Gegenspieler Marschall Rommel, dessen Bild über seinem Schreibtisch ihn seit Herbst 1942 durch den afrikanischen Feldzug begleitete. Er entschied in jenen schweren Tagen, wo er, wenn er Rommel wäre, angreifen würde, und plante so die Verteidigung. Er griff an, wo Rommel an seiner Stelle angegriffen hätte. So siegte er und löste zugleich das Problem der persönlichen Führung im modernen Krieg. Montgomery ist nicht nur glänzender Fachmann, sondern überhaupt „ein Mann“, sonst wäre seine ganze militärische Gelehrsamkeit nichts nütze. Er wagte stets, mit seiner Ansicht der allgemeinen Ansicht allein gegenüberzutreten — auch in der NATO. Kaum ein anderer Soldat hat wie er die vom letzten Krieg ausgelöste strategische Revolution überblickt und durchdacht.
Ein Leben wie seines, das sich im Beruflichen und Persönlichen so entfalten kann, daß es zu- einem erfüllten Ganzen wurde, gehört nicht mehr zu den Ansprüchen, die künftig Militärs stellen dürfen. Denn sie werden sich zwischen Alternativen entscheiden müssen, die nicht mehr die ihren sind.
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