6643547-1958_10_04.jpg
Digital In Arbeit

OBERST PODHAJSKY / REITET FÜR ÖSTERREICH

Werbung
Werbung
Werbung

Großgewachsen und schlank, mit federndem Schritt, elegant als Ausdruck einer inneren Haltung, in Gebärde und Sprache von vollendeter Korrektheit, das ist der Reiteroffizier der alten Armee, der Chef der Spanischen Reitschule in Wien: Oberst Alois Wilhelm Podhajsky. Wollte ein Maler die allegorische Entsprechung fiir den Begriff Disziplin finden, er müßte nur seine Züge auf die Leinwand werfen. Die Antwort, die Frankreichs großer Reitmeister Antoine de la Baume Pluvinal seinem Souverän einst gegeben hat, paßt genau auch auf ihn: „Sire, es gibt nur ganz wenig Männer von Wert, die sich mit der Ausübung eines solchen Berufes beschäftigen. Die meisten denken nur an ihren persönlichen Vorteil, so ist es unmöglich, daß sie hier ihre Pflicht erfüllen können.“

Oberst Podhajsky, der am 24. Februar d. J. seinen 60. Geburtstag feierte, hat immer mehr als seine Pflicht getan.

Im Jahre 1898 ist er in Mostar, in der südlichsten Monarchie, als Offizierskind zur Welt gekommen. Das hieß damals wandern: Galizien, Kroatien, Bukowina. In Wels macht er sein Einjährig-Freiwilligenjahr bei den 4er-Dragonern. Mit ihnen zieht er in Oesterreich-Ungarns letzten Krieg, wird verwundet und dekoriert, dient nach dem Zusammenbruch im Bundesheer weiter. Bald ist sein Name als Turnierreiter bekannt, der Weg führt nach oben. 1936 erringt der damalige Major bei den Olympischen Spielen in Berlin die „Bronzene“ in der Großen Dressur-

prüfung. Freiherr von Wangenheim, der Unvergessene, erinnert sich noch vor seinem Tod in russischer Gefangenschaft des Oesterreichers und schickt Grüße. Reitergeist! Seit 1938 ist er Leiter der Spanischen Hofreit-schule, die Kaiser Karl VI. im 18. Jahrhun-

den gegründet hat. Im CUaos, März 1945, gelingt in allerletzter Minute die Evakuierung aus Wien nach St. Martin in Oberösterreich. Glück und Tatkraft ermöglichen eine Vorstellung vor General Patton, der aus Frankfurt mit dem Flugzeug hergeholt wird. Dieser, selbst Reiter und Olympiateilnehmer

von 1912, ist begeistert. Podhajsky auf Nero erbittet nach der Vorstellung den Schutz für die Reitschule und erhält ihn prompt zugesichert. Diese historische, für den Weiterbestand des Instituts entscheidendste Szene ist im Bild festgehalten. Ja, ein Husarenstück folgt. Der General läßt das 1942 nach Hostau bei Pilsen evakuierte Gestüt unter Panzerbedeckung zurückführen. Unersetzliches wird gerettet — für Oesterreich!

Wels ist dann jahrelang Wartestation. 1950 findet eine denkwürdige Vorführung im New-Yorker Madison Square Garden statt. Wie wird Amerika auf lebendiges Barock reagieren, ist die Frage? Der Erfolg ist einmalig. Pattons Witwe überreicht dem Oberst, während auf den Tribünen alles still ist, eine Rose, dann donnert der Applaus durch die Halle. Dann England: Königin Elisabeth reitet auf „Pluto Theodorosta“, der außer dem Oberst noch nie jemand andern im Sattel hatte.

1955 endlich kommt der große, langersehnte Tag der Heimkehr in den festlichsten Reitsaal der Welt, von Fischer von Erlach in den Jahren 1729 bis 1735 erbaut — ein Symphonie in Weiß. Und hier, in dieser letzten Stätte höchster hippischer Kultur, wird nun wieder, seit Jahrhunderten ununterbrochen, die klassische Reitkunst, zum Teil nach Thesen, wie sie Xenophon um 400 v. Chr. aufgestellt hat, gelehrt und gezeigt. In einer Vollendung, wie man ihresgleichen nur mehr auf dem Parthenonfries bewundern kann.

Hof“ wieder einige Häuser und zahlreiche Schiffhütten fallen ...

Betrachten wir zunächst das Wichtigste, das Ortsbild! Es wäre für alle Zeiten verunstaltet, vernichtet. Es sind der Sünden schon genug geschehen! Jetzt darf kein Stein vom anderen gerückt werden! Die Einmaligkeit Hallstatts beruht auf der Synthese einer viertausendjährigen Geschichte, einer Kulturenfolge, die nicht so leicht ihresgleichen hat mit einem Siedlungsbilde, das tief in das Mittelalter hineinreicht und aus der innigen Verbundenheit und tiefen Abhängigkeit der Bewohner vom „weißen Golde“ hervorgegangen ist!

Sehen wir nun von einer „Fuhr“ aus, von den schwungvollen Flachbooten, den Nachfahren der Einbäume, wie die Häuser dem Ufer folgen, wie sie ihre Giebel aufrecken, wie sie, dem Raummangel gehorchend, den steilen Hang des Hallberges hinaufklettern, von dem aus es ins Salzbergtal geht, der Stätte des Gräberfeldes der „Hallstattzeit“, der Stätte des vorgeschichtlichen Salzbergbaues!

Eine Synthese ist es, die nicht nur historisch und verstandesgemäß erfaßt werden kann. Es ist nicht wahr, daß jeder Wasserfall und jeder Fluß nur mit den “Augen des Kilowattmenschen anzusehen ist, daß jede Siedlung nur daraufhin abgeschätzt wird, was sie der Gemeinde, dem Staate an Steuern und Abgaben eintragen kann. Wir müssen die Mentalität des Fremden in Rechnung stellen, der für sein Geld etwas Besonderes, sonst nirgends zu Findendes vorgesetzt be-

kommen will. Wir müssen aber anderseits — und dies ist für viele ausschlaggebend — auch auf die materielle Seite nicht vergessen! Je einmaliger ein Ort ist, je mehr er bewußt oder unbewußt zum Herzen spricht, desto mehr wird er besucht, desto mehr schnellen die Ziffern empor, die von der Besucherzahl und der Zahl der Nächtigungen erzählen! Wenn Hallstatt nicht mehr Hallstatt ist, wenn die Gärten fallen, die dem Fremden Ruhe und Ausblick auf die Welt der Dachsteinberge, auf die in Aether-ferne schwebenden Gondeln der Dachsteinseilbahn bieten, die ihm den Krippenstein zeigen, den er sozusagen in Minuten erreichen kann, wenn er sich nicht mehr versenken kann in die Geheimnisse von Ort und See — wenn eine Betonstraße den Markt erdrosselt, dann ist's vorbei! *

Ganz nebenbei sei bemerkt, daß der Marktplatz und die angrenzenden Gründe auf dem riesigen Schwemmkegel des Mühlbaches stehen, den der Dachsteinforscher Simony auf rund vier Millionen Kubikmeter schätzte und der seewärts zu steil abfällt; ganz nebenbei sei auch angemerkt, daß Einbrüche von Land hier nicht zu den Seltenheiten gehören, daß eine alte Chronik berichtet, wie in der Nacht des 19. Juni 1808 bei der alten Hofschmiede, die am Südrande des „Hofes“ liegt, mit Dnner-getöse 160 Quadratklafter Land verdanken und mehrere Schiffhütten mitrissen und eine mächtige Flutwelle erzeugten . .. Auf solchem Grunde sollen dann Tag und Nacht schwere und

schwerste Maschinen rollen, die evangelische Kirche, die hart am Rande steht, erschüttern und deren ohnehin in Bewegung befindlichen Fußboden vielleicht samt dem Bau in die Tiefe reißen I

Wir müssen dieses Projekt restlos ablehnen. Die dafür Einstehenden würden unermeßliche Schuld auf sich laden. Es würde den finanziellen Ruin vieler Gastwirte bedeuten, die ihre Gärten verlieren, es würde Kindern letzte Spielplatzmöglichkeiten nehmen, es würde Hallstatt, dem Bergmannsort allerersten Ranges, ungeheuer schaden und seinen Ruhm verlöschen lassen. *

Die am 18. Jänner veranstaltete erste Sitzung in Hallstatt hat die Gefährlichkeit des Schwemmkegels nicht eingeschätzt. Die Bemerkung, daß dieser ein paar hunderttausend Jahre alt sei, ist völlig unzutreffend. Erst nach dem endgültigen Rückzug des Eises, als der Trog des Sees dastand, konnte der Mühlbach zu fließen und abzulagern beginnen. Die Kata-

strophe des Jahres 1884, bei der anläßlich eines Wolkenbruches im Salzbergtale ungeheure Schottermassen den Markt vermurten, so daß Pioniere herbeigeholt werden mußten, zeigte, was in wenigen Augenblicken geschehen kann. Die alten Leute wissen, daß sie selbst noch aufschütteten, um Raum zu gewinnen, und daß immer wieder etwas im See versinkt.

Nun wird ein neues Projekt von Hallstättern vorgebracht, das den Tunnel bis zum Markte beibehält, dann durch die Wolfengasse über den Pfannhausbühel dem Berge zustrebt und als eingleisiger Tunnel in der Lahn landet, während die Gegenfahrt, ebenfalls eingleisig, auf der bisherigen Seestraße erfolgen würde. Dieses Projekt würde das Ortsbild retten und hätte außerdem noch den Vorteil, daß die Seestraße eingleisig befahren werden könnte.

Lieber allem aber muß stehen, daß das berühmte Ortsbild unter allen Umständen erhalten bleiben muß und nicht einseitigen Interessen geopfert werden darf!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung