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KRONPRINZ AKIHIT0 / ES BEGANN BEIM TENNIS

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Die Romanze, deren Details jetzt in aller Japaner Mund sind, begann so wie Romanzen zu beginnen pflegen. Diese Uier begann am 18. August 1956. Im Ausflugsort Karui-zawa trat der 25jährige Kaisersohn Akihito Tsuyu no Miya, was soviel heißt wie „Nachfolger der erleuchteten Güte“, zum gemischten Doppel an. Die Gegenpartei gewann die beiden Sätze überzeugend 7:5, 6:3. Schuld daran war Mitschiko Schoda, die schöne Partnerin seines Gegners, gewesen. Nach dem Spiel wurde noch rasch in teestundenhafter Korrektheit eine Aufnahme der wohlgeratenen jungen Dame gemacht, und von da an sah man beide des öfteren am Tennisplatz, allerdings meist beim Einzel. Die Nachricht von der Verlobung hat sich in Japan mit Windeseile verbreitet, vor altem aber ist der Bruch mit einer 2600 Jahre alten Tradition das meistdiskutierte Detail. Die Zeitung „Asahi“ nennt die Verlobung „ein Manifest der Liebe und gegen das System der ausgehandelten Heiraten“.

Der Kenner der Kaiserdynastie aber weiß, daß schon vor Jahrzehnten das starre System angenagt worden war. Der hochintelligente, gut aussehende Kronprinz, geboren am 23. Dezember 2933,“ entstammt einer Neigungsehe. Sein kaiserlicher Vater, Hirohito, den der weitblickende General MacArthur trotz russischem Drängen nicht entthronen ließ, hatte 1924 mit der Tradition gebrochen, als er, freilich gegen heftigen Widerstand der Hofkamarilla, die Prinzessin Nagako heiratete, die nicht zu dem Kreis der fünf Familien gehört, aus denen der Thronfolger zu wählen hat. Akihitos Schwester Takako heiratete bekanntlich 1949 den bürgerlichen Violinisten Koscho Otani, den einzigen Sohn und Erben des Abtes der unermeßlich reichen Tendai-Sekte. Auch die ältere Schwester, Prinzessin Kasuko, nahm im März 1950 keinen Aristokraten zum Mann, sondern den wissenschaftlichen Hilfsarbeiter am Reichsmuseum in Tokio, Toschimitschi Takasukasas, Sohn des Oberpriesters des berühmten Meiji-Schreines.

Akihito hatte schon vor Jahren verlauten lassen, er werde eine Neigungsehe eingehen. Die Brautschau unter den Töchtern des Hochadels verlief negativ, weil der Adel der Weiblichkeit an keinen Stammbaum gebunden ist. Man dachte zuerst an die Prinzessin Kitaschirakawa, deren Vorfahren geniale Militqrs waren und dann an die äußerst schöne Prinzessin Hideki aus der Familie Satsuma. Mitschiko Schoda braucht sich aber ihrer Ahnen keineswegs zu schämen. Die Schoda galten bereits vor 300 Jahren, also zu Beginn der Tokugawa-Zeit, als die größten Reishändler des Landes und sind etwa den Fuggern vergleichbar. Der Urgroßvater der Braut rief die Mühlenwerke ins Leben, die heute zu den größten Ostasiens zählen. Der Brautvater, Hidesaburo Schoda, ist einer der einflußreichsten Wirtschaftsführer Japans, seine Brüder sind Universitätsprofessoren. Die perlenzähnige Mitschiko erfüllt alle Wünsche, die Akihito an die künftige Landesmutter stellt: sie ist, wie er, weitgereist, kennt die USA und Europa, wurde von katholischen Schwestern im Sacre-Coeur erzogen und hatte sich als Hauptfach englische Literatur erwählt und im Endexamen über die Forsyte-Saga geschrieben. Sie kleidet sich modisch, aber ohne Torheiten und liebt klassische Musik. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die kaiserliche Familie, die ja an Japans Zukunft über die dunkle Nacht und Notstunden hinweg geglaubt hat, an Popularität ge-wonnrn hat, seit sie sich dem Wunsche des Thronfolgers beugte.

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