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MYRIARTHEFS MAKARIUS / DIE FREIHEIT PREDIGEN

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Von kleinen Leuten stammend, kam Makarios 1913 in Paphos, dem sagenhaften Geburtsort ApUroditens, zur Welt. Schon am ]ungen hatte man ein reges Nachsinnen über die Lage der anderen, das fördernde Ergreifen des Eigenen bemerkt. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Nikosia und der Athener Universität wurde er zum orthodoxen Priester geweiht, genoß aber dann, mehr ein Bild düsterer Entschlossenheit denn priesterlicher Milde bietend, das Einssein mit Männern in Gefahr: er kämpfte in der Resistance gegen die italienisch-deutschen Okkupanten. 1946 ging er, gereift und neuen Horizonten aufgeschlossen, als Stipendiat an die US-Universität Boston, hörte Theologie und sog begierig die Wilsonschen Ideen vom „Selbstbestimmungsrecht“ der Völker und die vom Antikolonialismus in hohen Dosen auf. Noch Student, wurde er zum BiscPof der kleinen Stadt Kition (heute: Lamaka) gewählt, zwei Jahre darauf, 37jährig, zum Erz-bischof von Zypern. Ihm nacU solcher Karriere noch die Gloriole des Märtyrers zu verleihen, blieb dem politischen „Weitblick“ der englischen Kolonialbehörden vorbehalten.

Immer haben die zypriotischen Erzbischöfe auch den Titel „Ethnarch“, also Volksführer, geführt, haben in jahrhundertelanger Türkenherrschaft sowohl Christentum als auch Griechentum verkörpert, waren Priester und Politiker gewesen, nährten die Flamme des Nationalgefühls und der Freiheit. Die Engländer lernten des Listenreichen politische Taktik fürchten. Makarios, der fließend Englisch spricht, sich aber bei Verhandlungen stets eines Dolmetschers bedient und so eine beträchtliche Ueberlegenheit in der Diskussion zu erzielen wußte, gewann durch zahlreiche Reisen auch das Ohr der arabischen Welt. Der glühende wortgewaltige Prediger des Anschlusses an Griechenland wurde zum Dorn im Auge Sir )ohn Hardings, des britischen Gouverneurs. Am 9. März 1956 verhaftete man Makarios unter dem Vorwand, er sei der eigentliche Führer der zypriotischen Guerillaorganisation EOKA, und deportierte ihn, ohne irgendein Gerichtsverfahren, nach den Seychellen-Inseln im Indischen Ozean.

Dieses in Rußland alterprobte Mittel versagte hier vollständig. Makarios sang auf der Ueberfahrt Psalmen, der Terror in Zypern ging weiter, und New Yorks Bürgermeister Wagner erklärte unter Beifall: „Die Griechen kämpfen für eine Sache, die auch unsere Sache ist.“ Selbst in England sprach man von einem „Akt des Wahnsinns“. Gerüchte wollten wissen, daß die Freilassung Makarios' im April 1957 auf amerikanisches Drängen erfolgte. Wie dem auch sei, sie war eine kluge Tat MacMillans. Die Fahrt durch Athen, an der Seite des griechischen Königs, durch ein Spalier von einmütiger Raserei war Myriarthefs Makarios' größter Tag. Zypern zu betreten, ist ihm zwar verwehrt, aber, ob Terror oder nicht, der streitbare Erzbischof ist die politische Schlüsselfigur im Zypernproblem. Es kann kaum etwas entschieden werden, das der „Ethnarch“ als schlecht, das heißt antigriechisch, beurteilt.

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