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Ohne Eoka, ohne Klerides

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Hinter den venezianischen Festungsmauern der zweigeteilten zypriotischen Hauptstadt Nikosia gibt man sich im griechischen Sektor zuversichtlich. Der Rücktritt des Parlamentspräsidenten Glavkos Klerides, des heimlichen Makariosriva-len im Kampf um die Staatsführung, und die Gleichschaltung der *iatio-nalhellenischen EOKA-Terroristen mit der Politik des Erzbischofs, hätten dem bärtigen Staatschef im schwarzen Popenrook eine neue Position der innenpolitischen Stärke im ihm verliehenen Si'irit.eil der Tnsel

verschafft, und eine bessere Ver-handliungsbasis der nun im Norden unter dem Söhutz der Waffen Ankaras konzentrierten türkischen Minderheit gegenüber.

Klerides hatte immer wieder und bis zum letzten Moment widersprochen und dann als einen der Gründe für sein anschließendes turbulentes Abtreten von der politischen Bühne in Nikosia das auch klargestellt. Es ist müßig, bei Klerides nach Motiven für sein Ausscheiden nach zwanzigjähriger Karriere, erst im Lager der britischen Inselherren, dann an der Seite des Makarios zu suchen. Der Erzbi-schof konnte es ihm nicht verzeihen, daß Klerides im Herbst 1974 seine offizielle Rolle als Übergangspräsi-dent zu einer Dauerregeking auszubauen versuchte. Seit seiner Rückkehr war Makarios daher nur noch auf eines bedacht: auf die Zurück-dränigung und schließlich totale Ausschaltung des ihm über den Kopf gewachsenen Meßdieners im politischen Amt

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hatte sich dabei das Ansehen des Parlamentspräsidenten bei den Zyperntürken und in internationalen Kreisen als „Chefverhandler“ der griechischen Volksgruppe bei den Gesprächen der beiden Nationalitäten über eine friedliche Wiederver-einiigiung der Insel ausgewirkt. Wenn Makarios Klerides jetzt doch geopfert hat, dann kann das nur seinen insgeheimen Entschluß für eine Gewaltlösung bedeuten.

In diesem Sinne haben die über 200.000 in Elendslagern um die Hauptstadt zusammengedrängten griechischen Flüchtlinge aus dem Norden die Entmachtung des „diplomatischen Leisetreters“ auch verstanden und gefeiert. Als sich Makarios bei ihnen zum traditionellen Eierpecken des orthodoxen Osterfestes einfand, wurde er nicht mehr wie im Vorjahr mit Schmähungen durch kommunistische Rollkommandos empfangen, sondern mit lautem Jubel. Ein Großteil der Heilrufe galt aber schon dein lange dementierten Burgfrieden des Erzbischofs mit dem EOKA-Untergrund. Die Unterwerfung des Partisanenhäuptlings Elev-therios Papadopoulos, des Naclifol-gers des legendeniumwobenen Generals Grivas, ist aber zuverlässigen Informationen zufolge keineswegs bedingungslos erfolgt. Makarios scheint im Gegenteil das Angebot der hoch im Troodos-Gebdrge ver-krochenen Freischärler angenommen au haben, sich ihrer für die Eröffnung eines Kleinkrieges im Palästinenserstil nördlich der Stellungen der türkischen Attila-Linie zu bedienen. Als Gegenleistung dafür soll dieser rechtsradikalen und fanatisch nationalistischen EOKA 2 — die EOKA I war 1955 bis 1960 von Makarios selbst gegen die Engländer geführt worden — der erzbischöfliche Ablaßbrief für ihre Kollaboration mit der griechischen Militärjunta gegen den geistlichen Staats-chef von Zypern ausgestellt worden sein.

Makarios treibt wieder einmal ein gefährliches Spiel. Dabei geht er von der sicher richtigen Voraussetzung aus, daß die Türken Nordzypern gutwillig auf keinen Fall mehr herausgeben werden. Ein neuer Waffengang müßte aber bei dem gegenwärtigen Kräfteverhältnis nicht zu Erfolgen der Zyperngriechen, sondern nur zum weiteren Vorstoßen der Panzer Ankaras bis an die Südküste führen. Selbst Griechenlands Eingreifen käme dann für den streitbaren Erzbischof zu spät, der somit über Zusagen aus dem radikalen nahöstlichen Lager der Syrer und Iraker, wenn nicht gar der mit ihm befreundeten Sowjetunion selbst zu verfügen scheint.

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